Hans findet im Ostendorfer sein Glück

27.6.2017, 13:13 Uhr
Hans findet im Ostendorfer sein Glück

© Helmut Sturm

Trotz mediterraner Temperaturen waren sie alle gekommen, Familienangehörige, Freunde, Ehemalige und Freunde des Ostendorfer Gymnasiums.

Bis 15 Minuten vor Beginn durfte noch keiner rein. Regieanweisungen waren noch hinter den Türen zu hören. Licht, Ton und Stellungen wurden noch einmal abgestimmt.

Unverkennbar war die "Handschrift" der Ostendorfer zum Auftakt. Die Akteure vereinnahmten die Bühne aus dem Zuschauerraum heraus. Springend, tanzend und kriechend. Alle in schwarz. Keine märchenhafte Kostümierung. Einen Backstage-Bereich gab es nicht. Die nicht agierenden Schauspieler lungerten um oder vor der Bühne abrufbereit herum. Das Bühnenbild selbst war reduziert auf das Wesentliche – eine Hebebühne vor blauem Hintergrund.

Darauf lag Adam Schönstedt als Hans und "Homo Hans". "Ich bin nicht mehr dicht. Ich sickere. Es sickert aus mir heraus. Aus meinem ganzen Körper. Es regnet in mir drin und aus mir heraus." Diese Schlüsselstelle markierte die Wendung im Leben des "Homo Hans".

Er schien angekommen zu sein in seinem Leben. Er hatte einen sicheren Beruf und führte ein Familienleben mit seiner Lebenspartnerin und gemeinsamen Kindern. Aber es war nicht das Leben, das er sich erträumt hatte. Er verspürte Druck, fühlte sich getrieben. Er kündigte, um sich selbstständig zu machen. Es ging schief. Den Ansprüchen, die sein Umfeld an ihn stellte, begegnete er mit zunehmender Passivität. Es beginnt aus ihm "herauszusickern".

Verzicht auf Karriere

Wie der Hans der gespiegelten Grimmschen Märchenwelt sein Glück im Verzicht auf Materielles findet, erfährt "Homo Hans" sein Glück ebenfalls im Verzicht – im Verzicht auf ein Leben mit Karriere und in Verantwortung gegenüber seinem sozialen Umfeld. Doch aus den Wasserpfützen des Heraussickernden wurden Wasserströme: Die Welt droht albtraumhaft an "Homo Hans’" Selbstzufriedenheit zu ertrinken. Der Ostendorfer Theatergruppe ist es beeindruckend gelungen, die Botschaft des Märchens durch die Inszenierung des Schweizer Dramatikers Reto Finger in die Gegenwart zu übertragen.

Den Regisseuren Tobias Kirschke und Peter Weis glückte es wie im letzten Jahr bei den Räubern, dass die jungen Damen und Herren ihre Rollen so verinnerlichten, dass sie sie nicht vortrugen, sondern auslebten. Von manchem unbemerkt, haben die Ostendorfer den Schweizer Text etwas eingekürzt und drei Poetry-Slam-Texte integriert.

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