Hohe Loyalität in der Belegschaft zu Europoles

9.12.2018, 20:04 Uhr
Hohe Loyalität in der Belegschaft zu Europoles

© Foto: Wolfgang Fellner

Allerdings war die Informationslage in dieser Woche etwas unübersichtlich. Die angegebene aktuelle Zahl an Europoles-Mitarbeitern in Neumarkt liegt wahlweise bei 530 (Betriebsratsvorsitzender Helmut Karl) oder bei knapp 700, wie der vom vorläufigen Insolvenzverwalter beauftragte Pressesprecher Markus Kurz mitteilte. In der laufenden "Restrukturierungsphase" sind alle verständlicherweise bemüht, kein negatives Bild nach außen abzugeben. Insbesondere gibt es keine exakte Aussage darüber, wie viele Mitarbeiter inzwischen von sich aus das Unternehmen verlassen haben.

"Gewisse Fluktuation"

Betriebsbedingte Kündigungen sind nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Karl bisher nicht ausgesprochen worden. Arbeitnehmervertretung und Geschäftsführung würden auch nicht über Kündigungen verhandeln. Karl bestätigte auf NN-Anfrage aber eine "gewisse Fluktuation", wollte aber keine genaue Zahl nennen. Auch Unternehmenssprecher Kurz blieb sehr im Allgemeinen: "Es gibt natürlich immer wieder Mitarbeiter, die sich verändern wollen, Fluktuation ist in Unternehmen ein normaler Vorgang."

Den Weggang von Europoles-Beschäftigten unter anderem wegen "interessanter Angebote" sieht Jürgen Scholz von der Industriegewerkschaft Metall "eher im marginalen Bereich". Im Gegenteil: Der Gewerkschafter beobachtet eine "hohe Loyalität" in der Belegschaft. Von einer massenhaften Flucht könne keine Rede sein. Der Betriebsratsvorsitzende Karl erinnerte an den verbreiteten Fachkräftemangel: "Niemand geht, der nicht einen anderen Job hat." Allerdings — so der IG-Metall-Verantwortliche Scholz — habe es nicht nur Eigenkündigungen gegeben. In einigen Fällen seien auch befristete Verträge nicht verlängert worden.

Nach den Erfahrungen des Gewerkschafters hält die Belegschaft zum Betrieb, wenn es eine wirtschaftliche "Perspektive in naher Zukunft" gibt. Scholz: "Wenn es eine unendliche Hängepartie wird, dann suchen sicher einige einen sicheren Hafen."

Die Europoles GmbH & Co. KG hat am 10. Oktober beim Amtsgericht Nürnberg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Das Unternehmen war nach eigenen Angaben wegen eines stornierten Großprojektes ins Schleudern geraten. Kunden von Europoles lassen sich von den Ereignissen offenbar wenig beeindrucken: Der Betriebsratsvorsitzende Helmut Karl berichtete den NN, dass die "Auftragsbücher voll" seien. Auch Gewerkschafter Scholz weiß, dass die Produktionsauslastung gut ist und sogar Mehrarbeit geleistet werde.

Der Betriebsratsvorsitzende Karl bezeichnete es als entscheidend, dass zeitnah ein neuer Investor gefunden werde, der bereit sei, das Unternehmen als ganzes zu übernehmen. Eine weltweite Ausschreibung sei insofern erfolgreich gewesen, als sich eine "stattliche Anzahl an Interessenten" gemeldet habe.

Das Interesse sei so konkret, dass sich bereits mehrere Besuchergruppen das Werksgelände angesehen und mit der Geschäftsführung Gespräche geführt hätten.

Für etwas Unruhe sorgt der Umstand, dass Europoles angeblich seit Oktober keine Betriebsrenten mehr gezahlt haben soll. Firmensprecher Kurz beteuerte aber auf NN-Anfrage, dass diese firmeneigene Altersversorgung gesichert sei. Sie werde an die Europoles-Ruheständler aber nicht mehr vom Unternehmen, sondern vom Pensionssicherungsverein (PSV) in Köln ausbezahlt. Firmensprecher Markus Kurz in einer Mail-Botschaft an die NN-Redaktion: "Wie schnell das geschieht, liegt nicht in der Hand des Unternehmens."

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