Hornochse hat schon lange ausgedient

7.6.2014, 11:00 Uhr
Hornochse hat schon lange ausgedient

© Günter Distler

Seit rund 20 Jahren hat sich Ottmar Rösch auf die Haltung von Rindern verlegt, die außer Löckchen nichts auf der Stirn tragen.

Er hat einen guten Grund dazu, erzählt er lachend: „Mir hat einmal ein Rindvieh das Hörndl in den Hintern gesetzt. Das war kein Vergnügen.“

Bei Hausrindern, sei es in der Milchviehhaltung oder bei Fleischrindern, sind die Hörner eigentlich überflüssig geworden. In der freien Wildbahn dienten sie den Wildrindern zur Verteidigung gegen Raubtiere und waren eine Waffe bei Rangkämpfen mit Artgenossen.

Doch auf Malereien aus dem alten Ägypten, die auf 3000 Jahre vor Christus datiert werden, sind bereits hornlose Rinder zu sehen. In menschlicher Obhut hatten sie als Arbeitstiere gute Überlebenschancen.

Für das Joch

Der Züchtung solcher Rinder wurde über viele Jahrhunderte hinweg jedoch kaum Beachtung geschenkt. Denn bis zur Mechanisierung in der Landwirtschaft dienten die Hörner zur Befestigung eines Joches bei Zugtieren. Der Hornochse ist fest im Sprachgebrauch verwurzelt.

Aufgrund einer genetischen Mutation kommen immer wieder Kälber ohne oder mit rudimentär ausgebildeten Hörnern, so genannten Wackelhörnern (die nicht mit den Stirnbein, sondern nur mit der Haut verbunden sind), auf die Welt. Aber erst in den 70er Jahren kaufte die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub, Abteilung Tierzucht, hornlose Bullen auf und mischte sie unter die institutseigene Fleckviehherde. Durch Selektion gelang es, so Zuchttierforscher Johann Robeis, eine komplette Hornlos-Herde zu züchten. Mittlerweile bedienen sich auch private Rinderhalter aus Bayern aus diesem Genpool. Einer der erfolgreichsten ist Ottmar Rösch aus Ottmaring.

Mehr Sicherheit

Rinderhalter sehen in der Hornlosigkeit ihres Bestandes eine Reihe von Vorteilen, unter anderem mehr Sicherheit für die Landwirte und geringere Verletzungsgefahr unter den Tieren.

Um in den Laufställen zu vermeiden, dass sich die Tiere gegenseitig mit ihren Waffen schmerzhafte oder gar tödliche Rammstöße beibringen, werden schon Kälber enthornt. „Das ist“, sagt Ottmar Rösch, „keine schöne Arbeit für den Rinderhalter, weil er seinen Tieren ja keine Schmerzen zufügen will.“ Heutzutage werde meist mit Betäubungsspritze und Schmerzmitteln in der Nachsorge gearbeitet, sagt Robeis. Das sei ein Gebot des Tierschutzes.

Aufgrund der vielen Vorteile ist es nach Ansicht von Robeis sinnvoll, die genetische Hornlosigkeit als züchterisch beachtenswertes Merkmal bei all den Rassen, bei denen die Hörner kein wesentliches Kennzeichen darstellen, zu fördern. Inzwischen wird in zehn Prozent aller Besamungen mit Erbmaterial von hornlosen Bullen gearbeitet.

Richtlinie für Öko-Bauern

Allerdings: Die Hornochsen werden nicht aussterben. Den ökologisch wirtschaftenden Rinderhaltern ist eine obligatorische Enthornung aufgrund der vorgegebenen Richtlinien ihres Ökoverbandes teils nur eingeschränkt gestattet.

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