"Ich liebe die Natur und die Anstrengung"

4.8.2017, 14:42 Uhr

© Foto: Stephan Wieser

Normalerweise besteigt man die Zugspitze an einem Tag, du hast dafür 2:50 Stunden braucht. Wie ist das möglich?

Anika Harrer: Das habe ich mich im Ziel auch gefragt. Gerade deswegen, weil ich dieses Jahr länger verletzt und der Meinung war, dass wohl dieses Jahr für mich sportlich kein gutes werden wird. Vor ein paar Wochen habe ich erst wieder mit dem Training begonnen und das aber auch nur, bis auf ein Wochenende am Chiemsee, in den Oberpfälzer Wäldern. Aber wie man sieht, befinden wir uns hier in einem sehr guten Trainingsgebiet.

 

2127 Höhenmeter, 15,8 Kilometer – das ist extrem. Und trotzdem warst du die Schnellste in der Frauenkonkurrenz. Was ging dir beim Zieleinlauf durch den Kopf?

Harrer: Zunächst einmal habe ich mich unglaublich gefreut, dass der Lauf nach drei vergeblichen Anläufen dieses Mal bei der 4. Auflage der Zugspitz-Trailrun-Challenge bis zum Gipfel ausgetragen wurde. Die Jahre zuvor war witterungsbedingt schon immer an der letzten Verpflegung (SonnAlpin) Schluss. Gerade das letzte Stück macht ja den Reiz des Laufes aus und ich durfte diesen auch noch als schnellste Dame beenden. Darauf bin ich natürlich sehr stolz. Im Ziel musste ich lachen, als ich in das Gesicht von meinem Ehemann, Philipp Harrer, geschaut habe. Ich glaube, er dachte, die Höhenluft spiele ihm gerade einen Streich.

 

Die Strapazen waren dir offensichtlich nicht genug. Am Folgetag wolltest du mehr.

Harrer: Ich habe das am nächsten Morgen spontan meine Beine entscheiden lassen. Ich habe mich sehr gut gefühlt, hatte keine Schmerzen und war nur ein wenig müde. Dann dachte ich mir: Komm, wenn du schon da bist . . . Ich habe mir für den Halbmarathon (And. d. Red.: 20,9 km, 1035 Höhenmeter) kein Ziel vorgenommen, da ich mir sicher war, dass ich nach ein paar Kilometern die Belastung vom Vortag spüren würde, aber dem war nicht so. Ich bin, wie beim Berglauf auch, zunächst auf Platz zwei gelaufen, habe mir aber wohl beide Male genügend Körner aufgespart und konnte somit auf den letzten Kilometern die Rennen für mich entscheiden (2:02 Stunden).

 

Nach diesen beiden extremen Läufen hattest du dann hoffentlich Muskelkater.

Harrer: Tatsächlich nicht, dafür einen kleinen Schnupfen.

 

Wie bist du überhaupt zum Traillaufen gekommen?

Harrer: Ich habe bereits als Kind mit dem Laufen angefangen und an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen. Mein Bruder, Christopher Urbansky, und sein Freund, Philipp Harrer (jetzt mein Ehemann), haben damit begonnen und ich war zunächst nur als Unterstützer dabei. Dann haben ich und mein Papa auch damit begonnen und große Freue daran entwickelt.

 

Auf Tuchfühlung mit der Natur, die eigene Belastungsgrenze ausloten – ist es das, wonach du sportlich suchst?

Harrer: Ich liebe die Natur, die Ruhe und die Anstrengung, die mit wunderbaren Ausblicken belohnt wird. Das macht mir Freude und verschafft mir ein inneres Gleichgewicht. Nach einem Traillaufwochenende in den Bergen bin ich runderneuert.

 

Dein Hobby ist nicht ungefährlich. Hast du nie Angst? Wie sorgst du heiklen Situationen vor?

Harrer: Nein, ich habe keine Angst. Ich kann meinen Körper und meinen Kopf sehr gut einschätzen. Zudem ist es mittlerweile Pflicht, eine gewisse Ausrüstung mit auf den Berg zu nehmen, wie zum Beispiel eine lange Hose, langes Oberteil, Mütze, Handschuhe, Regenjacke, wie auch ein erste-Hilfe-Set, ein Handy und Verpflegung. Wenn ich das Gefühl hätte, dass es gefährlich werden könnte, höre ich auf. Natürlich bin ich ehrgeizig, aber nicht in gefährlichen Situationen. Das wäre es mir nicht wert. Egal ob man in den Bergen oder auf der Straße unterwegs ist, Gefahren können überall lauern, davor ist man nirgends sicher.

 

Werden diese wilden Jahre jemals vorbei sein?

Harrer: Ich hoffe doch nicht, es sollte noch Luft nach oben sein und es gibt viele Berge, die ich noch erklimmen will. Aber alle werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr schaffen.

 

Welche Herausforderungen warten als nächstes auf dich?

Harrer: Als nächstes geht es auf die Straße als Staffelmarathonläuferin bei der Challenge in Regensburg, wovor ich großen Respekt habe, da die Belastung wieder eine ganz andere ist und mir hierfür das spezielle Training fehlt. Ich freue mich dennoch riesig darauf, gerade weil ich die Abwechslung liebe.

 

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