In Pavelsbach steht jetzt der Widerstand

14.2.2014, 00:00 Uhr
In Pavelsbach steht jetzt der Widerstand

Am Ende werden noch Tische in den großen Saalbau getragen, damit alle Gekommenen einen Platz finden. „Der Pavelsbacher kommt zu Fuß“, hatte vorher noch Hans Pröpster, stellvertretender Bürgermeister der Marktgemeinde, mit einem Blick auf die zugeparkte Straße rund um das Gasthaus gesagt: „Da sind viele von außerhalb da.“

In Pavelsbach steht jetzt der Widerstand

© Fellner

Die Pavelsbacher hatten alle Wege genutzt, um die Bürger zu mobilisieren. Sogar auf der erst am Nachmittag veröffentlichten Diskussionsplattform der Neumarkter Nachrichten zum Thema Stromtrasse hatten sie geworben: „Kommt alle in den Schrödlsaal.“ Und sie kamen.

Eine Art Telefonkette

In Pavelsbach steht jetzt der Widerstand

© Fellner

Bürgermeister Horst Kratzer machte es kurz zur Begrüßung: Was alles schon geschehen sei, sei bekannt, sagte er, und dass nun, bei einer vorgezogenen Bürgerversammlung, eine Bürgerinitiative auf die Beine gestellt werden soll. Mit flachen Hierarchien, ohne Satzung und Vorstand, nur mit einem Sprecher-Gremium an der Spitze, mehr eine Telefonkette zur spontanen Mobilisierung für Aktionen und zur Gruppenarbeit denn eine herkömmliche Institution. Auf allen Tischen lagen entsprechende Zettel aus, um Unterstützer zu sammeln, die vernetzt werden sollen per Internet.

Die Initiative selbst will sich in den bereits bestehenden breiten Widerstand einklinken, nicht alles neu erfinden, alles neu recherchieren, hieß es. Als Sprecher fanden sich schließlich Thomas Härtl, Hans Bogner, Christian Brandl, Helmut Lerzer, Ralph Feldbauer, Alexandra Pröpster und Thomas Kneißl. Sie wollen nun erst einmal die BI auf die Beine stellen, weitere Aktionen planen, für weitere Aktionen mobilisieren. Außerdem forderten sie die Bürger zum Zusammenhalt und zur Ausdauer auf: „Eines ist klar: Das dauert nicht drei Wochen oder drei Monate, das kann schon auch drei Jahre dauern, bis wir da erfolgreich durch sind.“

„Diese Masten sind bis zu 80 Meter hoch und dürfen direkt neben den Häusern stehen“, sagte Daniela Wehner. Die Kettenbacherin war am Vorabend im Bayerischen Fernsehen in einer Diskussion zum Thema zu sehen, „weil sie jemanden wollten, der jung, weiblich, betroffen ist“, wie sie sagt. Zum Größenverhältnis verwies sie auf die Pilsacher Autobahnbrücke: Die sei 25 Meter hoch. Sie hätten in Kettenbach ein Haus gekauft und saniert, viel Geld und Herzblut hineingesteckt. Ein Immobilienmakler habe ihr erklärt, durch die geplante Trasse könne sie schon heute die Hälfte der Investition in die Tonne treten. Die Trasse entwerte das Land, verhindere jede weitere Entwicklung und sei zudem gesundheitlich gefährlich: Die Krebsrate sei in der Umgebung solcher Leitungen höher.

Die Technik, die zum Einsatz kommen solle, sei bisher erst einmal angewandt worden, in Namibia: „Sind wir denn hier Versuchskaninchen“, fragte Wehner erregt.

Viel nachdenklicher waren die Ausführungen von Peter Hollweck aus Ammelhofen, der auf seinem Bauernhof aus Gülle Strom und Wärme gewinnt und sich selbst einen „Überzeugungstäter“ nennt. Der 36-Jährige bestach durch Offenheit, Nachdenklichkeit und Querdenken.

Zum einen zeigte er auf, was sich aus erneuerbaren Energien an Energie gewinnen lässt, stellte dem aber auch gegenüber, dass das Konsumverhalten trotz stromsparender Techniken nicht zu weniger Stromverbrauch geführt hat – weil sich das Konsumverhalten ausgedehnt hat.

Außerdem machte er eine einfache Rechnung auf: Merkels Energiewende, sagte er, sei nur das Atomstrom-Ende. Doch dieser müsse ersetzt werden. Sollte dies auf heimischem Grund geschehen, müsste dies durch ein Plus an Windstrom, Biogasanlagen, Photovoltaik geschehen. Doch das wolle auch keiner. Wasserkraftwerke wären toll, sagte er und verwies auf Norwegen: Dort könnte die Republik Strom herbekommen, „doch das geht nur, wenn wir genügend Leitungstrassen bauen“.

Hollweck schärfte den Blick auf die Energie-Republik in einer Weise, dass ihm die Leute folgten. Seiner Meinung brauche es die Stromtrasse nicht, sagte er und bekam Beifall dafür. Allerdings, stellte er klar, nur für Kohlestrom werde diese nicht gebaut; in Thüringen gebe es gewaltige Windkraftreserven, mehr als in Bayern. Und: Es sei keinem Manager zu verdenken, dass er das ihm anvertraute Unternehmen gut durch die Zeitenläufe führen wolle. Es seien oft dieselben Unternehmen, denen Atomkraftwerke gehörten, aber auch Kohlekraftwerke. Wenn der Atomstrom ende, müssten sie eben schauen, ihren Kohlestrom an den Mann zu bringen.

Die Zeit läuft ab

Dann aber wurde es mucksmäuschen still im Saal: „Gas, Öl, Kohle sind endlich“, sagte Hollweck. 50, 100 Jahre blieben noch. Doch dann müssen die Entscheidungen gefallen sein in Deutschland: Entweder man setze frühzeitig auf regenerative Energien und baue Windräder oder Biogasanlagen für den Bedarf an Grundstrom, „oder die Atomenergie muss ausgebaut werden“.

Das sei seine persönliche Ansicht, sagte Peter Hollweck, aber er sehe keine anderen Wege. Deshalb sollten alle nicht immer gegen alles sein, das führe nicht weiter. Die Energiewende müsse gelingen, sagte er eindringlich. Für ihn gelte: Er habe eine glückliche Kindheit auf dem Bauernhof verlebt, seine vier Kinder würden dies auch tun. „Doch an uns liegt es, dass die Kinder und die Kinder unserer Kinder dieselbe glückliche Kindheit haben.“

Deswegen, mahnte er eindringlich, gebe es nur drei Dinge, um in Sachen regenerativer Energien voranzukommen und gleichzeitig auf die Stromtrasse verzichten zu können: „Einigkeit, Einigkeit, Einigkeit.“

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