Kandidat Widder klagt: In Hasenheide fehlt einzige Stimme für ihn

8.9.2018, 17:15 Uhr
Kandidat Widder klagt: In Hasenheide fehlt einzige Stimme für ihn

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Dort hat der unabhängige Bundestagskandidat Dr. Elmar Widder Beschwerde eingelegt, um bei den obersten Verfassungshütern eine Überprüfung des Neumarkter Wahlergebnisses zu erreichen. Der Kasus Hasenheide ist einigermaßen kurios.

Der promovierte Jurist hat 2017 einen ganz legalen Weg gefunden, um auch ohne Nominierung durch eine politische Partei für den Bundestag kandidieren zu können. Er legte beim Kreiswahlleiter des Bundestags-Wahlkreises 232 Amberg-Neumarkt etwas mehr als die 200 geforderten Unterstützer-Unterschriften vor — und wurde als Erststimmen-Kandidat für den Urnengang 2017 zugelassen. Erwartungsgemäß erreichte der 40-jährige Amberger mit 1074 abgegebenen Stimmen nicht einmal die Ein-Prozent-Marke.

Nachricht übers Kontaktformular

Noch am Wahlabend bekam der Kandidat über das Kontaktformular seiner Internetseite die Nachricht einer Wählerin aus der Neumarkter Hasenheide: Sie habe für Dr. Elmar Widder gestimmt. Doch bei der Überprüfung der Resultate stellte dieser fest, dass dort keine einzige Stimme für ihn protokolliert worden war. Auf Widders Beschwerde hin lehnte es der Amberger Kreiswahlleiter-Vize Martin Schafbauer ab, die Stimmzettel in der Hasenheide nochmals auszählen zu lassen.

Im Rückblick beruft sich Kreiswahlleiter Dr. Bernhard Mitko im NN-Interview auf eine Abwägung zwischen der Wahrung des Wahlgeheimnisses einerseits und der tatsächlichen Auswirkung auf das Wahlergebnis andererseits. Eine erneute Auszählung und das eventuelle Auffinden der Widder-Stimme hätte zu einer Offenlegung der Einzelstimme, zu einer Durchbrechung des Wahlgeheimnisses geführt, argumentiert der Kreiswahlleiter. Außerdem habe es ja ein "sehr eindeutiges Ergebnis" bei den Erststimmen für die Direktkandidaten gegeben (der CSU-Bewerber Alois Karl obsiegte haushoch mit 47,7 Prozent). Deshalb sei eine Korrektur für dieses Ergebnis nicht relevant, so Dr. Mitko. Es sei entschieden worden, die abgegebenen Stimmen nicht nochmals auszuzählen und diese "Ungenauigkeit" in Kauf zu nehmen.

Doch Kandidat Widder wollte diese Ablehnung nicht hinnehmen und legte Beschwerde nach dem Wahlprüfungsgesetz beim Bundestag ein. Aber auch die Parlamentsverantwortlichen wiesen eine Überprüfung der Resultate aus dem Wahllokal Hasenheide zurück. Nach Ansicht des unabhängigen Bewerbers für einen Sitz in der Volksvertretung mit einer absurden Begründung: Der Fall könne abschließend nur durch eine erneute Auszählung aufgeklärt werden — die der Bundestag aber letztlich auch abgelehnt hat.

Schließlich bemühte der Amberger auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit einer Anzeige gegen unbekannt. Nach Ermittlungen der Kripo Regensburg habe die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren mit der Begründung eingestellt, eine Strafverfolgung wegen Wahlfälschung setze den Vorsatz voraus. Wenn sich jemand verzählt habe, dann sei dies fahrlässig geschehen. Der Bundestagskandidat wirft der Kriminalpolizei vor, "nicht alle Schritte zur Wahrheitsfindung unternommen zu haben" — und hat Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt.

"Es geht ums Prinzip und um unsere Demokratie", argumentiert der rechtskundige Beschwerdeführer und stellt die rhetorische Frage, an welchem Punkt das Registrieren und korrekte Zählen von Wählerstimmen enden soll. Es gehe um einen "völlig intransparenten" Vorgang. Der Vorwurf der Wahlfälschung stehe weiter im Raum. Die Beschwerde beim Bundesverfassungericht wird nicht nur von Dr. Elmar Widder, sondern auch von der ungenannt bleibenden Wählerin getragen. Sie will mit der Beschwerde in Karlsruhe auch erreiche, dass das Schicksal ihrer Zweitstimme aufgeklärt wird — und die ist nach Darstellung des Kandidaten für die Sitzverteilung im Bundestag sehr wohl wirksam.

Die Karlsruher Richter haben noch nicht entschieden, ob sie die Beschwerde aus Amberg und Neumarkt überhaupt behandeln wollen.

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