Kraftwerk im Haus

13.9.2014, 10:30 Uhr
Kraftwerk im Haus
Kraftwerk im Haus

© Fotos: Wolf-Dietrich Nahr

„Das war haarscharf, ein zweites Jahr hätten wir nicht durchgestanden“, erinnert sich Geschäftsführer Andreas Weigel. Der Sohn des Firmengründers Konrad Weigel meint damit die vom Bund 2006/2007 eingeführte Besteuerung von Pflanzenöl. Für KW Energie war dies ein fast existenzgefährdender Tiefschlag: Bis dahin hatte der Hersteller die Kleinkraftwerke fast ausschließlich mit Pflanzenöl-Antrieb gebaut. Doch weil der Preis für den Öko-Kraftstoff explodierte und die Ölmühlen zusammenbrachen, waren die Blockheizkraftwerke nur schwer absetzbar.

„Starker Einbruch“

„Das war ein starker Einbruch, aber wir haben es geschafft, die ganze Mannschaft zu halten. Wir haben das Jahr genutzt und unser ganzes Geld in die Entwicklung von Gas-Blockheizkraftwerken gesteckt“, berichtet Andreas Weigel. Für die Öko-Energie-Verfechter war die Hinwendung zum fossilen Brennstoff schwierig, „ideologisch und wirtschaflich“. Der Juniorchef: „Ein zweites Jahr hätten wir nicht durchgestanden.“

Alles begann in der sprichwörtlichen Garage und im Schweinestall auf dem alten Bauernhof der Familie Weigel in Sulzkirchen. Der Werkzeugmachermeister war in der Motorenentwicklung des Pflanzenöl-Pioniers Elsbett in Thalmässing tätig und machte sich als Einzelkämpfer mit dem Bau von Kleinkraftwerken selbstständig. Im ersten Produktionsjahr 1995 schraubte Konrad Weigel nur zwei Maschinen zusammen.

Starkes Umsatzplus

Im laufenden Geschäftsjahr wird die 43-köpfige Belegschaft voraussichtlich 370 Blockheizkraftwerke montieren und verkaufen, bei Vollauslastung jede Woche acht bis zehn Geräte. Der Umsatz von KW Energie dürfte 2014 knapp 16 Millionen Euro erreichen — nachdem er 2012 noch bei rund neun Millionen Euro gelegen war. Drei von vier Kleinkraftwerken gehen an inländische Abnehmer. 25 Prozent der Geräte werden an Kunden im europäischen Ausland geliefert, überwiegend nach England, Spanien, Slowenien und nach Belgien.

„Wir werden weiter deutlich wachsen, aber wir müssen nicht mit aller Gewalt wachsen“, meint Geschäftsführer Andreas Weigel. Die Energiewende und der Trend zur dezentralen Energieversorgung würden weiter für gute Marktchancen sorgen. Im Moment behaupten sich die Freystädter auch gegen so klangvolle Namen wie den Heizungstechnik-Systemanbieter Viessmann recht ordentlich. Nach eigenen Angaben gehört KW Energie zu den drei erfolgreichsten Anbietern von Blockheizkraftwerken in Europa.

80 Alpenhütten ausgerüstet

Weitgehend abgearbeitet ist die Marktnische in den Alpen: KW Energie hat über die Jahre über 80 alpine Schutzhütten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien mit den umweltfreundlichen Energieerzeugern ausgerüstet. Die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe in den Bergen passen genau ins Raster: „Jedes Objekt, das Wärme und Strom braucht, am besten das ganze Jahr über“, umschreibt Andreas Weigel die Zielgruppe.

Als Faustregel für den wirtschaftlichen Einsatz nennt der Geschäftsführer einen jährlichen Heizölverbrauch von über 15 000 Litern: Kleingewerbe, Industrie, Hotels und Gaststätten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Schwimmbäder beispielsweise. Bei privaten Wohnobjekten mit geringerem Energiebedarf wird es wirtschaftlich schwierig. Die Kleinkraftwerke kosten ab unter 30 000 Euro und rechnen sich nach zweieinhalb bis sechs Jahren. Der Clou der Energieerzeuger ab einer Größe einer Kühltruhe: Sie liefern etwa zu einem Drittel Strom und zu zwei Dritteln Wärme. Die Leistung liegt zwischen 7,5 und 50 Kilowatt (Strom) beziehungsweise zwischen 20 und 95 Kilowatt (Wärme).

Und technisch geht das so: Ein erd- oder flüssiggasbetriebener Industrie-Verbrennungsmotor mit drei oder vier Zylindern und einem Hubraum von einem bis zu 4,8 Liter läuft mit einer konstanten Drehzahl von 1500 Umdrehungen pro Minute und treibt den Stromgenerator an. Der arbeitet parallel zum Stromnetz oder fungiert auch als Notstromaggregat.

Außer Volt und Ampere zieht ein kompakter Wärmetauscher die Energie aus den bis zu 600 Grad heißen Abgasen des Motors und aus der Kühlung von Motor und Generator. Die Vorlauftemperatur des Heizungswassers liegt bei 80 bis 85 Grad. Natürlich genügen auch die Abgase strengen ökologischen Anforderungen: Die Werte von Kohlendioxid und Stickoxiden erreichen nach Herstellerangaben nicht einmal die Hälfte der Grenzwerte der Technischen Anleitung Luft.

Politik berechenbar?

Die vieldiskutierte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) trifft auch den Kraftwerkshersteller — obwohl kaum noch Öko-Energieträger zum Einsatz kommen: Ein Teil des eigenerzeugten Stromes wird auch bei den Blockheizkraftwerken mit EEG-Umlage belastet. Das schlägt negativ auf die Amortisation durch: Schwarze Zahlen schreiben die Anlagen nun nach einem zehn bis 15 Prozent längeren Zeitraum. Doch Andreas Weigel ist sich sicher, dass dies den umweltfreundlichen Kleinkraftwerken letztlich den Saft nicht abdrehen kann. Aber nach dem Pflanzenöldesaster wiederholt sich für Andreas Weigel die Lektion: „Es wird schwierig, wenn die Politik nicht berechenbar ist.“

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