Laufend erlebt der Wanderer die Geschichte

23.3.2012, 17:00 Uhr
Laufend erlebt der Wanderer die Geschichte

© Edgar Pfrogner

Der schöne Ausblick an den steilen Hängen des Sulzbürg über die Oberpfälzer Lande kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Strecke an ein dunkles Kapitel der Geschichte stößt: „Auf den Spuren jüdischen Lebens“ heißt der 15 Kilometer lange Wanderweg, der nun beim Tourismusbüro Neumarkt in Form eines hosentaschengroßen Faltblattes ausliegt.

Bei einem Pressetermin am Jüdischen Friedhof in der Gießereistraße erklärt Hans Georg Hirn den historischen Hintergrund. Der Chronist der Jüdischen Geschichte Neumarkts schildert, wie die Juden einst aus ihren Häusern gejagt wurden und im 14. Jahrhundert eine neue Heimat in Sulzbürg gefunden haben. Die Grafen nahmen sie wegen der jährlichen „Judensteuer“ dort bereitwillig auf.

Ortschaften gemieden

Ab Mitte des 16. Jahrhunderts war es den Sulzbürger Juden an den Markttagen erlaubt, bis abends in der Stadt zu bleiben. Dies blieb 300 Jahre lang unverändert. Da die Juden dem Handel nachgingen, legten sie täglich die Strecke zwischen Sulzbürg und Neumarkt zurück. Die Ortschaften mieden sie, sonst wäre dort eine Pro-Kopf-Steuer fällig gewesen. 15000 Schritte hin, 15000 Schritte zurück. Nicht verwunderlich, dass die Strecke den Namen „Judenweg“ trägt.

Dieser „Judenweg“ soll nun durch die kleine Broschüre und neue Markierungen entlang der Strecke wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Ankerpunkte gibt es viele. Für einen Moment ist es beim Vorstellungstermin still, als Hans Georg Hirn daran erinnert, dass fast auf den Tag genau vor 60 Jahren die letzten 16 Juden aus Neumarkt deportiert wurden.

Oberbürgermeister Thomas Thumann begrüßt diese Chance nach eigenen Worten. Er selbst gibt unumwunden zu, erstmals auf dem Jüdischen Friedhof zu stehen. Ebenso können andere erstmals den Weg entlang gehen und so in Kontakt mit dem Jüdischen Leben kommen.

Die Broschüren sind ab sofort an der Tourist-Info erhältlich. Bei den Markierungen an den Bäumen bittet Wegemeister Michael Platzer allerdings um etwas Geduld: Damit die Farbe hält, muss es noch wärmer werden.

Eine geführte Wanderung wird am Sonntag, 6. Mai, angeboten. Treffpunkt ist um 8.15 Uhr am IKK–Parkplatz.

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