Lauterhofen: Zeitzeugen berichten aus der Nazi-Zeit

6.5.2015, 11:28 Uhr
Lauterhofen: Zeitzeugen berichten aus der Nazi-Zeit

© Foto: Jutta Riedel

Erwartet wurden die Gäste von Pfarrer Gerhard Ehrl und Bürgermeister Ludwig Lang, einigen Zeitzeugen, Rektorin Gunda Köstler und einigen Schülerinnen der M 9. Letztere hatten im November 2014 die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg besucht.

Die Chance, nun Berichte von Zeitzeugen zu hören, habe man normalerweise nicht, sagte Köstler und dankte Pfarrer Ehrl für diese Möglichkeit. „Es ist wichtig, dass Schüler authentisch hören, was damals Schlimmes passiert ist“, betonte Köstler, es sei ein großer Unterschied, ein KZ nur zu sehen oder Zeitzeugen zu hören.

Erinnern und Versöhnen

Mathias Barthel, Sprecher der Initiative „Marsch des Lebens“ in Franken, nannte die Ziele der Aktion: „Erinnern, Versöhnen, ein Zeichen setzen.“ Er forderte dazu auf, „die Decke des Schweigens zu lüften“ und sich mit den Auswirkungen des Unrechtes zu beschäftigen. Barthel appellierte auch, die Stimme gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus zu erheben.

Von ihren Erinnerungen an den Marsch der Häftlinge durch Lauterhofen berichteten die Zeitzeugen Johanna Krieger, Josef Gruner und Willi Graf und Johann Renner aus Brunn. Klaus Simon, der seit 50 Jahren in Lauterhofen lebt, erzählte von seinem Vater, der Nationalsozialist gewesen sei, mit der Zeit aber eingesehen habe, dass „dieser Staat ein Unrechtsstaat war“.

Pastor Hansjürgen Kitzinger aus Nürnberg berichtete von den Erzählungen seiner Mutter: Der Vater, der damals ein Revierförster gewesen sei, habe Hermann Göring den Abschuss eines Hirschen nicht „gegönnt“, weil er ihn als Zuchttier für den Bestand behalten wollte. Zudem habe er einer armen Familie im Ort eine Wohnung besorgt. Kurz darauf sei der Vater dann abgeholt und in eine sogenannte Heil- und Pflegeanstalt gebracht worden, wo er unter anderem mit Elektroschocks gequält wurde, bis er 1947 wieder freigelassen wurde.

Einig waren sich die Zeitzeugen darin, dass über die KZs nie etwas nach draußen gedrungen sei, man habe einfach nichts davon gewusst. Willi Graf hatte die Pfarrchronik von Pfarrer Josef Zirngibl dabei, der damals für Lauterhofen zuständig war. Zirngibl, der aus Gnadenberg nach Lauterhofen gewechselt war, berichtete darin, dass zwei Gnadenberger Nazis „massiv gegen ihn gehetzt“ haben. 1940 habe er den ersten Gottesdienst in Lauterhofen gefeiert.

Damals habe es dort auch etliche Polen gegeben, die regelmäßig an den Gottesdiensten teilnahmen. Dann sei ein Erlass gekommen, der es ihnen verbot, an den Messen teilzunehmen, auch Einheimische seien „schikaniert“ worden. Schließlich wurden auch Predigten und Beichten verboten, Feiertage abgeschafft und Andachten untersagt.

„Große Aufregung“

„Große Aufregung“ habe es gegeben, als die Menschen aus der Pflegeanstalt Karlshof in Lauterhofen abgeholt und per Bus und Bahn in staatliche Anstalten geschafft wurden. 1940 kamen schließlich zunächst ausgesiedelte Leute aus Bessarabien in den Karlshof, dann kranke Soldaten, die meist an Erfrierungen litten. Ab 1941 seien TBC-Kranke aufgenommen worden.

„Viel Elend und Jammer“ habe es in der Anstalt gegeben, die Kranke (überwiegend aus Osteuropa) beherbergte. 500 bis 600 davon seien gestorben. Die Krankenschwestern hätten die Patienten stets mit „heroischer Aufopferung“ gepflegt.

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