Ludwigskanal: Langwieriger Kampf gegen das Tausendblatt

11.12.2014, 07:00 Uhr
Ludwigskanal: Langwieriger Kampf gegen das Tausendblatt

© Foto: Christian Biersack

Vielleicht können Fische, Rotfedern, helfen, vielleicht muss der Nährstoffeintrag drastisch gesenkt werden.

Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes und das Landratsamtes hatten sich gestern mit den Vorsitzenden des Fischereivereins Neumarkt, Johann Medl und Georg Schöls getroffen, um Zwischenbilanz zu ziehen für ein Projekt, das auf fünf Jahre ausgelegt ist. 150 000 Euro wurden mittlerweile investiert.

„Die Bürger sind ungeduldig“, sagte Bergs Bürgermeister Helmut Himmler, der den Unmut direkt mitbekommt darüber, dass aus dem Kanal inzwischen alljährlich im Sommer eine grüne Wiese wird, auf der Wasserhühnchen spazieren gehen.

Für den Fischereiverein werde die Situation allmählich Existenz bedrohend, erklärte Medl. Die Zahl derer, die ihre Mitgliedschaft kündigen, weil das Fischwasser vor der Haustür nicht mehr als solches genutzt werden kann, steige.

Sechs Abschnitte

Wie schon mehrfach berichtet, ist die Nordstrecke zwischen dem Blomenhof und der Landkreisgrenze hinter Unterölsbach in sechs Abschnitte eingeteilt worden. In fünfen wird auf unterschiedliche Weise gegen das Tausendblatt vorgegangen, im sechsten, dem nördlichsten passiert gar nichts. Auch das will beobachtet werden.

Das Myriophylum heteropyhylum, das den Kanal überwuchert, stammt aus Kanada, es handelt sich also um eine invasive Art. Aquarianer, das steht fest, nehmen die Alge gerne, müssen sie aber auch entsorgen, wenn sie zu sehr wuchern. Das lässt Vermutungen zu. Ein Schnipsel genügt zur Verbreitung. Die aggressive Pflanze ist über den ganzen Globus in verschiedenen Unterarten verbreitet. Sie kommt am subtropischen Inle-See in Myanmar ebenso vor, wie in Kanada, wo die Seen im Winter regelmäßig zufrieren. In Holland ist sie so verbreitet, dass die Düngemittelindustrie sie verwertet. In ihrem nordamerikanischen Herkunftsland rückt man ihr mit Chemie und einer Radikalvergiftung des Gewässers zu Leibe. Da stehen einem aufrechten Wasserwirtschaftler die Haare zu Berge.

Im Amt in Regensburg wird der Kampf gegen das Tausendblatt als nationale Aufgabe verstanden. Denn in einem Fließgewässer gibt es die Alge nur hier.

Inzwischen liegen die Ergebnisse einer Bachelorarbeit vor, die sich mit dem Zustand des Gewässers und seiner Zuläufe im Untersuchungsgebiet befasst. Die Studie besagt, dass die im Wasser gelösten Nährstoffe im Ludwigskanal zwischen Neumarkt und Unterölsbach kontinuierlich abnehmen. Und das gelte für den ganzen Jahreslauf. Gleiches trifft auf die Zuläufe, die Leitgräben zu. Das wirft die Frage auf, wo das üppig an der Landkreisgrenze wuchernde Kraut beispielsweise den Phosphor her hat. Holt sie sich den, anders als andere Wasserpflanzen, aus dem Sediment, verschlingt sie gierig jedes „Futter“, das bei heftigen Niederschlägen über die vielen Drainagen in den Kanal gelangt?

Eigene Untersuchungen des WWA haben ergeben, dass in der befallenen Strecke im Sommer in einer Tiefe von 40 Zentimetern unter der Wasseroberfläche sowohl Temperatur auch Sauerstoffgehalt schlagartig abnehmen. Der Grund des Kanals ist dann für Fische eine Todeszone. Sie wühlen den Boden nicht auf, das Wasser wird nicht trübe und die Sonne kann ungehindert das Wachstum der Pflanze anregen.

Doch die Schlüsselfrage bleibt bislang ungelöst: Wie wird man der invasiven Alge herr. Sowohl Helmut Himmler als auch die Vertreter des Fischereivereins sind eigentlich für die harte Tour: Ausbaggern und mit der Wurzel ausreißen.

Simon Hofmeister vom WWA sagt strikt „nein“ zu einer „Hopplahopp“-Handlung. Ein kurzes Stück Kanal am Blomenhof bestätigt ihn. Das war ausgeräumt worden und lag ein Jahr trocken. Kaum geflutet, war es schon wieder vom Tausendblatt besiedelt. Der Bagger könne also nur Symptome beseitigen.

In der Versuchsstrecke, wo sehr viele Rotfedern eingesetzt worden waren, stellte sich heraus, dass die Zahl der Knospen und Triebe signifikant zurück gegangen ist im Vergleich mit Bereichen, die nur gemäht wurden. Doch aussagekräftig ist das nach einem Jahr noch lange nicht.

Welche Rolle der Appetit der Fische spielt, soll nächstes Jahr in Untersuchunges des Mageninhalts von Rotfedern und Graskarpfen erforscht werden.

Zu erforschen ist auch, welche und wie viele wirbellose Tiere in und an der fremden Pflanze leben, die ungenießbare und toxische Phenole produzieren. Wenn die Zahl, wie erwartet, niedriger ist als bei heimischer Wasserflora, kommt rigorose Bekämpfung im Herbst in Frage. Der Schnitt im Frühjahr hatte nämlich das Wachstum eher beflügelt.

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