Michael Rüttinger war mehr als ein Schulleiter

22.7.2017, 17:11 Uhr
Michael Rüttinger war mehr als ein Schulleiter

© Hubert Bösl

Nein, so verabschiedet man keinen gewöhnlichen Vorgesetzten. Das gesamte Kollegium und viele Eltern standen in der Aula und applaudierte minutenlang. Michael Rüttinger hatte sich eigentlich einen stillen Abschied gewünscht und freute sich doch sichtlich, dass es nicht ganz so still geworden ist. Seine eigene Ansprache fiel dennoch denkbar kurz aus: "Ich habe meinem Beruf nie als Arbeit empfunden, denn an jeder Ecke lauert wieder etwas Interessantes", sagt der Vollblut-Pädagoge.

Mit dieser nimmersatten Neugier und übersprudelnden Ideen hat Rüttinger die Theo-Betz-Schule von einer doch ganz gewöhnlichen Volksschule zu einer außergewöhnlichen Vorzeigeschule entwickelt. Am 13. September 1990 kam Rüttinger an die damalige Schießstättenschule. Die mit 512 Schülern größte Volksschule erhielt den mit 37 Jahren jüngsten Rektor im Landkreis Neumarkt.

Einen Rektor mit einer "sprechenden Gitarre", der die Musik leidenschaftlich liebt, der mit Kollegen, Kindern und Eltern auf Augenhöhe redet, ebenso wie mit den übergeordneten Schulbehörden, um seine Idee von einer Schulgemeinschaft umzusetzen.

So hat die Schießstättenschule 1994 als erste Schule in Neumarkt eine Mittagsbetreuung eingeführt, dort gab es die ersten Kombi-Klassen, Projekte wie "Klassik for Kids", Schachschule oder auch Ganztagesunterricht: Alles möglich, weil Rüttinger nicht nur ein überaus engagiertes Kollegium um sich scharte, sondern auch einen äußerst zugewandten Sachaufwandsträger hinter sich hatte. Einige Millionen Euro investierte die Stadt Neumarkt in dieser Zeit in die Sanierung, Umbau und Erweiterung der Schule am Schießstättenweg.

Michael Rüttinger war mehr als ein Schulleiter

© Foto: Hubert Bösl

"Hier wurde eine Schule geschaffen, die räumlich und pädagogisch ihresgleichen sucht", sagte Schulamtsdirektor Christoph Weigert. Das Geheimnis dieses Erfolgs: Rüttinger habe eine grundsätzlich positive Ausstrahlung gegenüber den MitMenschen, sie fühlten sich wertgeschätzt. "Mit Dir sind Lehrkräfte, Eltern und Kinder über sich hinausgewachsen."

Oberbürgermeister Thomas Thumann erinnerte sich an seine eigene Schulzeit in den 70er Jahren an der Schießstättenschule. "Es hat sich einiges in dieser Zeit getan." Rüttinger habe Neumarkter Schulgeschichte geschrieben. Er hinterlasse eine Vorzeigeschule mit vielen Auszeichnungen.

Elternbeiratsvorsitzende Dunja Schmieder dankte Rüttinger für die Hingabe und Freundschaft zu den Kindern. "Man konnte immer spüren, mit welcher Liebe sie für die Kinder da sind." Konrektorin Christine Fersch, die seit Mai die Schule kommissarisch leitet, verabschiedet sich im Namen des Kollegiums von einen ganz besonderen Chef. "Du warst mehr als unsere Schulleiter, Du warst ein Lebenshelfer für uns alle." Gemeinsam sangen die Lehrkräfte zunächst eine "Ode an Michael", später wurde es heiter mit dem Lied "Michel aus Klapfenberga", das auch die anderen Saiten des vielfältig Talentierten zum Klingen brachte, des Spieleerfinders, der mit seiner Frau Marie in Klapfenberg das alte Pfarrhaus und das Schulhaus wieder zum Leben erweckt und dort fünf Kinder groß gezogen hat.

"Er war ganz anders"

Die Lust am Spiel und die überbordende Kreativität nahm Rüttinger in die Schule mit. In Berngau drehte der Junglehrer mit seiner siebten Klasse Super-Acht-Filme. "Er war ganz anders, man ist gerne in die Schule gegangen und hat viel gelernt", erinnern sich die Schüler in einem Video, das die beruflichen Stationen Rüttingers Revue passieren lässt.

Vielleicht war aber alles auch ganz anders: "Ich habe nie etwas anderes gemacht, als Kinder, Eltern und Lehrer vernünftig anzusprechen, um eine Lösung zu finden", sagt Michael Rüttinger.

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