Millionen für schnelles Internet im Landkreis stehen bereit

11.7.2014, 10:45 Uhr
Bunt und unscheinbar: Mit der modernen Kabeltechnologie lassen sich riesige Datenmengen um die Welt schicken.

© Julian Stratenschulte Bunt und unscheinbar: Mit der modernen Kabeltechnologie lassen sich riesige Datenmengen um die Welt schicken.

Millionen für schnelles Internet im Landkreis stehen bereit

© Nikolaus Spörlein

„Wir wollen Datenautobahnen bauen und jede Gemeinde muss eine eigene Ausfahrt bekommen“, forderte Finanzminister Markus Söder im Januar. Doch das ist Zukunftsmusik: Der Freistaat kündigte damals zwar eine vereinfachte Förderung und mehr Geld für die Kommunen an. Die allermeisten Projekte sind aber noch nicht umgesetzt.

Von der erträumten „Datenautobahn“ sind im Landkreis Neumarkt nur ein paar Versuchskilometer gebaut. In vielen Orten finden die Netzsurfer allenfalls Trampelpfade vor. So müssen sich Nutzer beispielsweise in den Pyrbaumer Ortsteilen Birkenlach und Pruppach — wie in anderen ländlichen Gegenden — laut Roland Zeltner von der Breitbandberatung Bayern in Neumarkt mit Übertragungsraten von einem bis drei Megabit pro Sekunde (Mbit/s) begnügen. Das ist so gut wie nichts für jemanden, der beispielsweise ein größeres Bild herunterladen oder übermitteln will — von umfangreichen Grafiken oder Videodateien gar nicht zu reden.

Auch im überregionalen Vergleich macht Michael Gottschalk von der Wirtschaftsförderung des Landratsamtes im Landkreis schon jetzt einen „relativ guten Erschließungsgrad“ aus. Übertragungsraten von sechs bis 16 Mbit/s seien schon weit verbreitet. Dennoch gebe es von Firmen fast aller Branchen „Nachfragen und Klagen“ über das zu langsame Internet. Ein rasantes Netz sei in vielen Fällen ein gewichtiges Argument für eine Firmenansiedlung. Gottschalk: „In manchen Gebieten gibt es Nachholbedarf.“

Privilegierte Ortsteile

In anderen Gegenden funktioniert der schiere Markt doch: Private Anbieter wie die Telekom oder Kabel Deutschland haben teils schon vor etlichen Jahren Glasfaserkabel verlegt, die Raten bis zu 100 Mbit/s erlauben — quasi ein vierspurige Schnellstraße. Dies soll in einigen Wohngebieten und Gewerbeparks in Neumarkt, Sengenthal und Lauterhofen heute schon Fakt sein — selbst Insider wissen es nicht genau. Und die privatwirtschaftlichen Investoren entschließen sich oft unter großer Geheimhaltung, in ausgewählten Gemeinden oder Stadtteilen in den Wettbewerb mit der Konkurrenz einzusteigen — mit ultraschneller Glasfaser.

In der Internet-Branche gibt es bereits die begründete Vermutung, dass die Telekom schnelle Leitungen im Neumarkter Stadtgebiet vielleicht sogar flächendeckend verlegen will. Auch Michael Gottschalk registriert einen „gewissen Wettbewerb“, um einzuschränken: „Der wird aber nicht auf den Dörfern ausgetragen, leider.“

Während die bayerische Staatsregierung das Problem lange unterschätzt und die „komplette letzte Legislaturperiode verschlafen“ hat (der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Ganserer aus Nürnberg), sind etliche Gemeinden längst aktiv geworden. Findige Kommunalverwaltungen nutzen seit Jahren jedes Tiefbauprojekt, um zumindest Leerrohre mit verbuddeln zu lassen, Leitungen, in die man Glasfaserkabel „einschießen“ kann.

Herren über ein solches Leerrohrnetz sind beispielsweise die Mitgliedsgemeinden des Wasserzweckverbandes Laber-Naab: Beim Bau der Fernwasserversorgung nach Neumarkt sind solche Blindleitungen verlegt worden — und teilweise sogar nutzbare Glasfaserkabel, die eigentlich der Anlagenüberwachung dienen. Dem Wasserversorgungspool gehören im Landkreis die Gemeinden Hohenfels, Lupburg, Parsberg, Seubersdorf und Velburg an.

In den Ortsteilen der riesigen Flächengemeinde Hohenfels beispielsweise ist die Netzversorgungsnot recht groß. „Zwei Megabit sind nicht mehr zeitgemäß, das wollen wir unbedingt verbessern“, so Bürgermeister Bernhard Graf. Die Existenz des US–Truppenübungsplatzes könnte hilfreich sein: Bürgermeister Graf berichtet von einer riesigen Glasfaserleitung, die ein deutscher Investor gebaut und an die Amerikaner vermietet hat. „Wir können vielleicht an diese Leitung andocken und uns auch einmieten, dieser Lückenschluss könnte eine realistische Lösung sein“, so der Hohenfelser Bürgermeister Graf.

1,5 Milliarden aufgelegt

Auch für Parsberg ist der US-Glasfaser-Highway „eine von mehreren Optionen“, so der städtische Geschäftsleiter Stefan Schmidmeier. Wobei die Parsberger schon jetzt einiges vorzuweisen haben. Im Gewerbegebiet Hackenhofen seien dank Telekom bereits 100 Mbit verfügbar. Aber auch im restlichen Gemeindegebiet wollen die Parsberger Glasfaser bis zu den sogenannten Kabelverzweigern verlegen — und so Raten von 25 bis 50 Mbit möglich machen. Aber das kostet: Parsberg hat im laufenden Etat 110 000 Euro dafür reserviert. In den beiden folgenden Jahren werden es jeweils 450 000 Euro sein.

Für die Kommunen gibt es einen starken finanziellen Anreiz: Der Freistaat pumpt laut Finanzministerium insgesamt 1,5 Milliarden Euro in das Turbonetz. Minister Söder hat nicht nur die alte Förderrichtlinie (MdL Ganserer: „ein bürokratisches Monstrum“) entrümpeln lassen. Es gibt nun die doppelte Fördersumme — bis zu eine Million Euro pro Kommune. Die Fördersätze klettern auf bis 80 Prozent, in Einzelfällen sogar auf bis zu 90 Prozent.

Beim Wettlauf um die Fördergelder ist der Landkreis Neumarkt ganz vorne dran: Alle 19 Gemeinden haben Mittel für Investitionen ins schnelle Netz beantragt, während in der Oberpfalz gerade über 50 Prozent in das Förderverfahren eingestiegen sind. Bayernweit bemüht sich nur ein Drittel der Kommunen um den Staatszuschuss.

Im Landkreis Neumarkt bekommen die Gemeinden gleich zweifach Unterstützung bei der immer noch komplizierten Beantragung: Roland Zeltners privatwirtschaftliche Breitbandberatung Bayern hilft den Rathäusern bei dem Papierkram und der Ausschreibung der Projekte; gleichzeitig steht die Spitze des vormaligen Vermessungsamtes Neumarkt als Berater bereit. Die Behörde firmiert nun als „Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung“. Leiter Karl-Heinz Zweckerl fungiert inzwischen als „Breitbandmanager“ für das kommunale Klientel.

Details am Samstag

Die EU-Kommission hat gestern die überarbeitete, aktuelle Förderrichtlinie abgesegnet. Finanz-Staatssekretär Albert Füracker will am morgigen Samstag Details bekanntgeben. Grob geschätzt dürften laut Michael Gottschalk vom Landratsamt etwa 15 Millionen Euro in den Landkreis Neumarkt fließen. Daraus errechnet sich ein Investitionsvolumen von mindestens 20 Millionen Euro bis 2017. Gottschalk: „Die heimische Wirtschaft profitiert stark von dem Programm.“

Keine Kommentare