Neumarkt: Bio-Schulessen auf die lange Bank geschoben

18.7.2018, 17:55 Uhr
Beim Schulessen fand der Neumarkter Stadtrat wieder keine gemeinsame Linie.

Beim Schulessen fand der Neumarkter Stadtrat wieder keine gemeinsame Linie.

Das Amt für Nachhaltigkeitsförderung hat dem Verwaltungssenat ein Stufen-Programm vorgelegt. In einem ersten Schritt sollte der sogenannte Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE erreicht werden. Anschließend wollte man bis zum Schuljahr 2023/24 den Anteil von Bio-Lebensmitteln in der Mittagsverpflegung der Neumarkter Grund- und Mittelschulen nach und nach auf 100 Prozent steigern.

Das muss nicht teurer sein, wie eine Umfrage in anderen Städten ergab. In Nürnberg oder Regensburg liefern Caterer sogar "100-Prozent-Bio-Mahlzeiten" zu demselben Preis wie die konventionellen Schul-Mahlzeiten in Neumarkt.

Damit dies gelingt, müssen sich aber alle Beteiligten umstellen, nicht zuletzt die Caterer ihre Einkäuf, Lagerhaltung und Menu-Zusammenstellung ändern. Deshalb sollten sogenannte "Coaches" die Schulen und ihre Caterer unterstützen. Die Kosten dafür: 23 000 Euro insgesamt. Das fanden alle Stadträte gut, zumindest grundsätzlich. Denn damit endet schon die Einigkeit.

Gertrud Heßlinger (SPD) etwa wollte nur "echtes bio nach Demeter oder Naturland-Standard" akzeptieren und kein "EU-Bio". Peter Ehrensberger (CSU) wollte ein weiteres Mal die Anbieter fragen, zu welchem Preis sie liefern können. Martin Meier (UPW) schlug einen Probelauf an drei Schulen vor. Am Ende redeten alle durcheinander und aneinander vorbei. Das Ende vom Lied war die Vertagung de Antrags gegen die Stimmen von Pedra Wittmann (UPW), Helga Hoerkens (FDP), Ruth Dorner (UPW) und Sigrid Steinbauer-Erler (Grüne). Deshalb kann sie die Entscheidung des Verwaltungssenats, dem sie selbst angehört, nicht nachvollziehen.

"Wir haben jetzt mindestens ein Schuljahr verloren", sagt eine enttäuschte Schulreferentin Helga Hoerkens. Sie hat im vergangenen Schuljahr ein solches Coaching begleitet an der Wolfsteinschule. Sie hat den Prozess hautnah verfolgt, war bei allen Treffen dabei.

Die "Vernetzungsstelle Schulverpflegung Oberpfalz" hatte der Wolfsteinschule einen Coach zur Verfügung gestellt, um die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE umzusetzen. Um Bio ging es auch, aber nur am Rande.

"Wir haben uns gefragt, wie wir die Mittagsverpflegung an unserer Schule insgesamt optimieren können, schließlich ist essen mehr als nur Nahrungsaufnahme", sagt Schulleiterin Annette Pichl. So gehört zu einem gesunden Mittagessen etwa auch das gemeinsame Gespräch, dass man sich Zeit nimmt und schmeckt was man isst anstatt die Mahlzeit möglichst schnell hinunter zu schlingen.

Deshalb nahm die externe Ernährungsberaterin alle Beteiligten mit ins Boot: Schulleitung, Stadt Neumarkt, Eltern, und der Caterer nannten zunächst ihre eigenen Erwartungen. Daraus wurde Schritt für Schritt ein auf die Schule zugeschnittenes Maßnahmenpaket. Denn die Bedingungen an der Wolfsteinschule sind besonders: Es gibt keine Mensa, die Kinder essen in zwei Schichten im Flur der Aula.

"Wir haben gemeinsam nach machbaren Lösungen gesucht", sagt Pichl. So sorgen schöne Plakate für eine angenehmere Atmosphäre in dem Durchgangsraum. Es gibt Tischsets. Die Kinder haben sich Regeln aufgestellt; es gilt "Tisch-Knigge". Darin geht es nicht nur um gutes Benehmen, sondern es steht auch drin, dass man sich nur soviel nimmt, wie man auch essen kann und mag. Nur beim Gemüse gibt es eine Ausnahme. Da muss jedes Kind mindesten ein Stück probieren. So würden sie "zungenklug".

Mit bunten Smileys bewerten die Kinder, ob ihnen das Essen geschmeckt hat. "Die Rückmeldung ist eine wertvolle Information für den Caterer", sagt Pichl.

Dabei stellte sich heraus: Den meisten Kindern schmeckt es nach wie vor, sie bewerten die Mahlzeit als "lecker". Dabei gibt es mittlerweile weniger Fleisch und mehr Gemüse oder Rohkost. Die Nudeln sind mittlerweile gemischt aus halb Vollkorn und halb Weißmehl - und heißen "Zebra-Nudeln". "Das finden die Kinder natürlich toll", sagt Pichl.

"Es war alles gut durchgeführt und total sinnvoll", sagt Hoerkens. Die Maßnahme sei nicht verpufft mit dem Ende des Coachings. Es gibt etwa ein Gartenprojekt, wo die Kinder Gemüse anbauen und gemeinsam essen. "Die Einstellung zur Ernährung hat sich dabei geändert."

Schulleiterin Pichl meint: "Es hat sich für die Schule und die Schüler auf jeden Fall gelohnt."

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