Neumarkt: Handwerk ist wichtigster Arbeitgeber

1.9.2014, 11:00 Uhr

NEUMARKT — Das verarbeitende Gewerbe, sprich die Industrie, kam hier zur gleichen Zeit auf 103 Betriebe und 11.655 Beschäftigte. Die 3,260 Milliarden Euro Umsatz, die die Handwerksbetriebe meldeten, entsprechen dabei 184,9 Prozent des industriellen Umsatzes. Handwerk ist so gesehen als Wirtschaftsfaktor wichtiger als Industrie.

„Handwerk hat goldenen Boden“, hieß es vor dem Wirtschaftsmacht-Slogan. Aber die Zeiten ändern sich. Einen Handwerker zu bezahlen, können sich nicht mehr alle leisten. Aber die, die es sich leisten können, bekommen vom Staat noch was dazu: Wer beispielsweise von Handwerkern seine Fenster putzen, das Parkett abschleifen, die Waschmaschine reparieren oder einen Carport ans Haus bauen lässt, kann 20 Prozent vom Arbeitslohn im Wert von bis zu 6000 Euro absetzen.

Absetzbar sind jeweils die Arbeitsleistung sowie Kosten für Anfahrt und Maschinen-Miete. Wichtig: Die Handwerkerrechnung muss per Überweisung bezahlt werden, niemals bar gegen Quittung. Sonst ist’s vorbei mit dem Steuerabzug, das ist gerichtlich vom BFH bestätigt (VI R ’14/08).

Hat eine Wirtschaftsmacht das nötig? Fürs „Ja“ gibt es drei Gründe: die Umsätze, die Schwarzarbeit und die Zahl der Beteiligten. Handwerker und ihre Beschäftigten sind Wähler, mit denen es sich die Politik verscherzen könnte.

„Tätige Personen“ heißt, im Handwerk zählt alles mit, Arbeitnehmer, Chef, Familienangehörige. Werden nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten für sich genommen, dann liegt deren Zahl bei 13 239. Schwarzarbeit gefährdet vor allem deren Jobs, deswegen das Lockmittel Steuerersparnis – denn damit sind ordentliche Rechnungen gesichert.

Auch ohne Meisterbrief

Die Zahlen dazu: Der Umsatz, den die Handwerksbetriebe im Kreis Neumarkt zuletzt meldeten (und versteuerten), lag bei 3,260 Milliarden Euro. Im Jahr davor waren es noch 2,472 Milliarden Euro gewesen. Im Schnitt steht ein Beschäftigter derzeit für 200 013 Euro Umsatz (Vorjahr: 162 149 Euro).

Wo es um viel Geld geht, werden auch Begehrlichkeiten geweckt. Eine besteht bei der EU. Die Frage ist, ob’s den deutschen Meister braucht, sprich, ob Handwerker europaweit auch ohne Meisterbrief handwerken dürfen. Solche „zulassungsfreien“ Gewerke gibt es inzwischen.

Im Kreis Neumarkt arbeiten in ihnen derzeit 175 Betriebe. Die weit größere Zahl, nämlich 1069 Handwerksbetriebe, haben einen oder mehrere Meister. Und in der Qualität liegt für die Verfechter des Modells Meister die Zukunft.

Denn die alte Kommission, die den Meister kippen wollte, ist nicht mehr im Amt und die neue sollte sich mal Gedanken machen, ob es nicht besser ist, aus dem deutschen Meister einen Europameister zu machen, sagt Harry Brambach, Mitglied des Vorstands des Zentralverbandes des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), vor allem aber Präsident des baden-württembergischen Kraftfahrzeuggewerbes und Vizepräsident des Baden- Württembergischen Handwerkstages (BWHT).

„Deutschland liefert ein gutes Vorbild, wie ein florierender, qualitätsorientierter Wirtschaftszweig aufgebaut werden kann, der dazu noch eines der Kernprobleme anderer EU-Mitglieder verhindert: Jugendarbeitslosigkeit.“ Die deutsche Meisterprüfung werde weltweit als Bachelor anerkannt – „das beweist doch unsere Qualität“, sagt Brambach.

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