Neumarkt: Jugendstraftäter werden schneller abgeurteilt

6.5.2015, 16:10 Uhr
Jugendstraftätern soll beim Amtsgericht Neumarkt schneller der Prozess gemacht werden

© dpa Jugendstraftätern soll beim Amtsgericht Neumarkt schneller der Prozess gemacht werden

Freitags kurz vor Mittag wurden die beiden jugendlichen Ladendiebinnen mit Waren im Wert von 225 Euro erwischt. Noch an jenem Tag hat die Polizei alle Ermittlungen abgeschlossen und den Fall an die Staatsanwaltschaft und die Jugendgerichtshilfe weitergeleitet.

Exakt zwei Wochen später kamen die reuigen Diebinnen bei der Hauptverhandlung vor Jugendrichter Danny Schaller mit einem blauen Auge davon: Er stellte das Verfahren gegen die zwei jungen Frauen gegen eine geringe Geldauflage ein. Schaller: „Es ist ein schönes Erlebnis: Je mehr Eindruck man durch das Verfahren macht, desto weniger brachial muss man strafen.“ Als erstes Gericht im Bezirk des Oberlandesgerichts Nürnberg erprobt Neumarkt seit 1. Dezember 2014 das sogenannte „beschleunigte Jugendverfahren“.

Laut Amtsgerichtsdirektor Harald Müller soll dabei der „Erziehungsgedanke“ des Jugendstrafrechts im Vordergrund stehen. Aber nicht nur: Die schnellere Aburteilung soll auch abschreckend und präventiv wirken.

Jeder zehnte Fall kommt in Frage

Weil für das beschleunigte Verfahren nur bestimmte Fälle in Frage kommen, werden in Neumarkt voraussichtlich nur etwa zehn Prozent der Jugendstrafsachen nach dem Modell behandelt.

Nur einfache bis „mittelgradige“ Kriminalität ist geeignet. Beispiele: Ladendiebstähle, Sachbeschädigungen, Körperverletzung, Beleidigung oder Ausweismissbrauch. Ganz leichte und schwere Fälle von jugendlichen oder heranwachsenden Intensivtätern scheiden dagegen aus. „Wir machen keinerlei Zugeständnisse oder Abstriche bei der objektiven Wahrheitsfindung, die Rechte der Beschuldigten und Erziehungsberechtigten werden in keiner Weise beschnitten“, versicherte Jugendrichter Schaller.

Voraussetzung für das beschleunigte Verfahren sei ein leichter und schneller Tatnachweis etwa durch ein Geständnis oder Zeugenaussagen. Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und Gericht müssten in solchen Fällen reibungslos zusammenarbeiten. Die drei ersten Fälle im Rahmen des Modellversuchs waren in 13, 19 und 21 Tagen erledigt.

Entlastung für die Polizei

Polizeichef Helmut Lukas begrüßte das Modell auch deshalb, weil Beamte weniger häufig als Zeugen vor Gericht erscheinen müssten.

Das Neumarkter Projekt greift einschlägige Modelle in Berlin-Neukölln und in Bamberg auf. Das Amtsgericht Regensburg erprobt ebenfalls schnellere Verfahren zur Aburteilung auch von erwachsenen Tätern.

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