Neumarkt sucht mit Schuldnern „Blickkontakt“

3.10.2015, 09:00 Uhr
Neumarkt sucht mit Schuldnern „Blickkontakt“

Die Ventilwächter werden an zwei Reifen angebracht und sorgen dafür, dass die Pneus nach ein paar hundert Metern platt sind. Ein Aufkleber warnt den Besitzer davor. Dem Schuldner bleiben dann drei Tage, um zu zahlen, ansonsten wird das Auto kostenpflichtig abgeschleppt und später versteigert.

Im Moment wird das in Neumarkt nicht so gehandhabt, sagt Stadtkämmerer Josef Graf. Auch mittel- und langfristig plane er das nicht, doch Schuldenmachen gilt auch in Neumarkt nicht. Als Hüter der städtischen Finanzen rückt er Bürgern, die der Kommune nicht zahlen, was sie zahlen müssen, auf die Pelle. „Als öffentliche Hand bin ich dazu verpflichtet“, sagt Graf.

Zuerst gehen zwei Mahnschreiben raus, im zweiten ist dann schon eine Gebühr fällig. Als Drittes folgt eine Ankündigung zur Zwangsvollstreckung. Dafür braucht es einen so genannten Titel, zum Beispiel ein Urteil, sagt Hubert Schmalisch, der Leiter der Neumarkter Stadtkasse.

Damit kann ein Gerichtsvollzieher pfändbare Habe kassieren. Die kann versteigert werden; der Erlös baut die Schulden ab. Das Auto bleibt dann auch in Neumarkt nicht außen vor: Auch hier kann der rollende Untersatz gepfändet werden.

Neumarkt sucht mit Schuldnern „Blickkontakt“

© Fotos: privat, dpa

Wenn aber das Auto nötig sei, damit der Schuldner zum Arbeitsplatz kommt, wäre es ja kontraproduktiv, ihm seinen Pkw zu nehmen, sagt Graf. Hier komme dann vielleicht eine Austauschpfändung in Betracht: Denn für die Fahrt zum Job braucht es keinen Porsche. Den müsste ein Schuldner dann gegen einen Kleinwagen tauschen.

Bares oder Grundstück

Außerdem kann sich die Stadt als Gläubigerin auch Zahlungen holen, die der Schuldner erhält, etwa Teile des Gehalts, Rentenanwartschaften, Bankguthaben, Erbe oder anderes. Wer nichts Bares, aber ein Grundstück hat, kann eine Zwangshypothek ins Grundbuch eingetragen bekommen. „Dazu müssen die Schulden nicht astronomisch sein, das mache ich auch, wenn 200 Euro ausstehen“, macht Graf klar. Wer alle Mahnstufen abwartet, erlebt es dann vielleicht sogar, dass sich die eigentliche Hauptforderung irgendwann verdoppelt: Mahngebühren und Säumniszuschläge läppern sich.

Die Kommune gehe aber auch auf die Schuldner zu: „Wir versuchen, die Leute telefonisch zu erreichen, ins Gespräch zu kommen; ein Mitarbeiter besucht Bürger auch zuhause“, sagt Schmalisch, „wir suchen den Blickkontakt“, formuliert es Graf.

Er wünscht sich von jemandem, der aus irgendeinem Grund nicht zahlen kann, dass er sich bei der Stadt meldet. In einer momentanen schwierigen Lage versuche man, eine Lösung zu finden: „Wer mal einen Monat seine Miete nicht zahlen kann, darf den Betrag dann vielleicht in Raten abstottern“, sagt Graf, das gebe es relativ häufig, ergänzt Schmalisch.

Rund 6000 bis 7000 erste Mahnungen werden pro Jahr in Neumarkt verschickt, das zweite Schreiben warten dann etwa 1700 bis 2000 säumige Zahler ab. Die Ankündigung der Zwangsvollstreckung erreicht dann noch 1000 bis 1100 Bürger.

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