Neumarkter erpresste vermeintliche Pädophile mit Nacktfotos

5.4.2016, 17:43 Uhr
Der Angeklagte hatte sich in einem Chat im Internet eingenistet und als 13-jähriges Mädchen unter dem Namen Kerstin Neugierde geweckt. (Symbolbild)

©  Marcus Brandt (dpa) Der Angeklagte hatte sich in einem Chat im Internet eingenistet und als 13-jähriges Mädchen unter dem Namen Kerstin Neugierde geweckt. (Symbolbild)

Vor dem Neumarkter Amtsgericht räumte er die Taten ein, einschließlich des Besitzes eines sehr intimen pornografischen Fotos einer Minderjährigen auf seinem Handy. Das war auch gleichzeitig sein Tatwerkzeug. Auf die Zeugen konnte verzichtet werden. Sie hätten aus dem ganzen Bundesgebiet anreisen müssen. Das hätte wenig gebracht und viel gekostet, fand Richter Rainer Würth.

Der Angeklagte hatte sich in einem Chat im Internet eingenistet und als 13-jähriges Mädchen unter dem Namen Kerstin Neugierde geweckt. Als einer der Partner im Netz einen kleinen Zuschuss zum Taschengeld anbot, wenn Kerstin etwas mehr von sich preisgeben würde, witterte der 55-Jährige seine Chance. Er schickte seinen neuen, teilweise anonymen Bekanntschaften das Bildchen auf seinem Handy und drohte dann: „Ich erzähl‘ alles meiner Mutter und der Polizei“, wenn ihm nicht umgehend Summen zwischen 50 und 150 Euro zugeschickt würden. Viel Glück hatte er mit diesen Erpressungsversuchen nicht. Nur einer sandte 100 Euro, die andern drei gingen zur Polizei und erstatteten Anzeige.

Richter Rainer Würth wurde nicht recht schlau aus dem Neumarkter. 30 Jahre lang habe der ein unauffälliges Leben geführt, dann kam die Scheidung und offenbar eine harter Bruch im Leben. Elf Vorstrafen, Betrügereien und Diebereien darunter, die als einschlägig gelten können, sind im Bundeszentralregister eingetragen. Eine Zeit lang war dann Ruhe, aber dann diese Tat in einer laufenden Bewährung. Da führte kein Weg mehr an einer Freiheitsstrafe vorbei.

Immerhin das Geständnis, den geringen tatsächlichen Schaden und die Schuldeinsicht wertet Thomas Leykam als Vertreter der Staatsanwaltschaft als strafmildernd. Die Erpressungsversuche aber seien zielgerichtet und planvoll unternommen worden. Es handle sich hier um kein Kavaliersdelikt, schon gar nicht im wörtlichen Sinn.

Sozialprognose zweifelhaft

Obwohl die letzte Verurteilung aus dem Jahr 2010 stammt, sah Leykam keinen Ansatz einer positiven Sozialprognose. Dass der Angeklagte derzeit in einer festen Beziehung lebe und einen Job in Aussicht habe, sei gut, aber nicht überzeugend. Er forderte eine Strafe von einem Jahr und drei Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Dass sein Mandant diese Chance nicht bekommen würde, war auch Verteidiger Alois Kölbl klar. Aber er bat Richter Würth um Milde und schilderte den Angeklagten als einen, der seinem Leben eine neuerliche Wende geben wolle. Er habe mittlerweile sein zweites großes Problem im Griff: den Alkohol. Seit Mai letzten Jahres sei er trocken. Er habe eine Haarprobe abgegeben und die Leberwerte kontrollieren lassen, um im Mai den Führerschein erwerben zu können, den er für seinen neuen Job benötige.

Amtsrichter Würth will ihm da jetzt nicht in die Quere kommen. Er verurteilte den Erpresser, dem er keine gewerbsmäßigen Absichten unterstellen wollte, zwar zu neun Monaten Haft ohne Bewährung, wie es Alois Kölbl vorgeschlagen hatte. Einrücken muss er aber erst, wenn er seinen Führerschein gemacht hat.