Neumarkter Justiz residiert unter neuem Dachstuhl

24.9.2018, 06:30 Uhr
Neumarkter Justiz residiert unter neuem Dachstuhl

© Foto: Michael Müller

"Vor allem die Zerrbalken waren angegriffen", sagt Direktor Harald Müller. Wasser drang an den Stellen ein, wo der Dachstuhl auf dem Mauerwerk aufliegt. Das feuchte Holz begann zu faulen, teilweise zog sogar der Schwamm ein. "90 Prozent der Anschlussstücke sind ersetzt worden", zeigt Müller auf die 30 Zentimeter dicken Balken. Viele Sparren sind bis auf zwei Meter Länge ausgeschnitten worden und durch neues Holz ergänzt worden.

Doch im Inneren des Dachstuhls, wo die Luft frisch und trocken ist, hält das alte Gebälk, sind fast keine hellen Abschnitte zu sehen.

Die Sanierung des Dachstuhls war dringend notwendig, weil die Vorgänger unserer heutigen Zimmerleute auf ihre alte Handwerkstradition pfiffen und mit der Zeit gingen. Vor etwa 150 Jahren - genaue Aufzeichnungen gibt es nicht, aber 1862 zog das Landratsamt in das Pfalzgrafenschloss ein, was gewöhnlich ein guter Anlass für eine Dachstuhlsanierung ist — entnahm man einige der Stützbalken, um mit dem Holz die maroden Stellen zu sanieren. Die fehlenden Balken ersetzte man durch Eisenträger. Nur: Dieses Material nimmt zwar den Druck von oben auf, aber nicht den seitlichen Zug. Und so ging der tonnenschwere Dachstuhl langsam in die Breite und nahm die Außenmauern mit sich.

Heute ist das Pfalzgrafenschloss zwölf Zentimeter breiter als im 19. Jahrhundert. Um das Gebäude zu entlasten, ist der Dachstuhl auch insgesamt angehoben worden um acht Zentimeter. Mit einem Flaschenzug hievten die Zimmerleute einzelne Teile der Konstruktion nach oben, die Lücken füllten sie mit neuem Holz auf. "Die Feinjustierung mit dem Vorschlaghammer hörte man im ganzen Gebäude", sagt Müller.

Rund eine Million Euro kosten die Bauarbeiten in diesem Jahr. Neben dem Dachstuhl wurde auch der Brandschutz auf den aktuellen Stand gebracht.

Neumarkter Justiz residiert unter neuem Dachstuhl

© Foto: Michael Müller

Es ist bereits die zweite Dachsanierung binnen zweier Jahre: Denn genau wie das ganze Pfalzgrafenschloss ist auch der Dachstuhl des Renaissancegebäudes in zwei spiegelbildliche Hälften geteilt. Es ist der Ausfluss einer frühneuzeitlichen Brandschutzmaßnahme. Nachdem das alte Schloss 1520 zusammen mit dem Reitstadel Opfer der Flammen wurde, errichtete man beim Wiederaufbau eine Brandschutzmauer, die die beiden Flügel trennt.

An dieser Mauer prangen zahlreiche Graffiti. Es haben sich im Laufe der Jahrhunderte einige Scherzbolde, Handwerker und vielleicht auch Verliebte verewigt.

Der Dachboden bleibt übrigens ungenutzt. Für Büros ist er nicht geeignet, weil das Dach geschlossen bleiben muss bis auf die winzigen Fledermausgauben. Und für die Last eines Archivs im höchsten Geschoss ist die Statik des Pfalzgrafenschlosses nicht ausgelegt.

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