Neumarkter SPD fremdelt mit der GroKo

12.2.2018, 11:53 Uhr
Neumarkter SPD fremdelt mit der GroKo

© F.: Fellner

Zwei sind dagegen, zwei sind unentschlossen, aber eher dafür: Wie die Mitgliederbefragung der SPD zum Koalitionsvertrag ausgehen wird, steht heute noch in den Sternen. Was morgen sein wird? Eine Urwahl des Parteivorsitzenden? Man weiß es nicht genau, ebensowenig, wie die Partei wusste, dass ihr Martin Schulz nach allem Hin und Her den Bettel vor die Füße schmeißen wird, weil es ihm reichte.

Was man weiß: Im September stehen Landtags- und Bezirkstagswahlen an. Die SPD hat im Landkreis ihre Kandidaten nominiert, vier an der Zahl, und diese suchen nun, losgelöst vom Spektakel in Berlin, den Wähler zu erreichen. Wobei natürlich das, was in Berlin geschieht, sich auch vor Ort niederschlägt.

Die Kandidaten sind schnell benannt: André Madeisky ist Direktkandidat für den Landtag, Philipp Eisinger Listenkandidat für den Landtag, Günther Stagat Direktkandidat für den Bezirkstag und Danielle Gömmel Listenkandidatin für den Bezirkstag. Alle vier sind vom Namen her gut bekannt im Landkreis, da schon seit geraumer Weile politisch aktiv.

Eine große Koalition und damit den GroKo-Vertrag, den lehnen Gömmel und Eisinger ab. Pragmatischer sehen das Stagat und Madeisky.

"Die Alternative zu Füracker"

Nachdem Schulz überraschend seinen Rückzug vom Amt des Außenministers erklärt habe, hätten sich die Voraussetzungen geändert, sagen beide. Und mit dem, was die SPD im Vertrag ausgehandelt habe und den Ministerien, die an sie fallen sollen, könnten sie schon gut leben. Stagat: "Ich werde den Vertrag noch mal in aller Ruhe und langsam durchlesen — er ist so schlecht nicht."

Landtags-Direktkandidat André Madeisky ist 35 Jahre alt, wohnt in Woffenbach und ist Berufsschullehrer in Lauf. Der gelernte Bankkaufmann ist seit zwei Jahren bei der SPD und "durch meinen Vater politisch vorbelastet".

Durch Stagat fand er den Weg zur Sozialdemokratie, und nachdem die Familie zugestimmt habe, habe er sich auf das Abenteuer Landtagskandidatur eingelassen. Wobei er die Herausforderung ernst nimmt, politisch gut vererdet ist: "Ich bin die sozialdemokratische Alternative zu Füracker."

Der Jüngste im Quartett ist Philipp Eislinger: Mit 23 Jahren ist der gebürtige Nürnberger, heute in Freystadt zuhause, ein Juso, seit einem Jahr aber auch bei der SPD. Es gebe viele Themen, die beackert werden müssten, sagt er, aber die sozialen seien die wichtigsten: "Die SPD ist die soziale Alternative für mich." Er will junge Leute für die Politik begeistern und er freue sich, dass die SPD im Kreis Neumarkt mit einem jungen Team in den Wahlkampf starte.

Auf der Liste für den Bezirkstag kandidiert Danielle Gömmel aus Postbauer-Heng, 26 Jahre jung und bereits ein Fünftel ihres Lebens bei der SPD. Die stellvertretende Landesvorsitzende der Juso in Bayern ist in der Oberpfalz gut vernetzt und vor allem an sozialen Themen interessiert.

Die Beamten-Anwärterin, bei der Stadt Nürnberg beschäftigt, moniert, dass nur zwei Frauen im Bezirkstags sitzen – abgesehen davon, dass es dort kaum junge Menschen gebe: "Da gehören auch junge Leute rein." Heimatpflege und Naturschutz seien schon immer ihre Themen, seit 16 Jahren sei sie beim Roten Kreuz aktiv.

Heimatpflege und Naturschutz

Der älteste Kandidat der SPD im September ist Günther Stagat. 57 Jahre alt, seit 30 Jahren bei Bionorica beschäftigt, seit 2005 in der SPD, seit 2011 im Neumarkter Stadtrat. Und bald als Nachrücker im Kreistag.

Im Bezirkstag möchte er dafür sorgen, dass die Boom-Region Nürnberg auch die weiter entfernten Bereiche der Oberpfalz mitnehme, dass Regionen wie Cham enger angebunden würden. Das Land müsse mehr Belebung erfahren, sei es mit Ärzten oder anderen Einrichtungen mehr.

Vor allem auch die Entwicklung des Sozialen liegt ihm an Herzen: Es müsste mehr Kräfte in diesen Bereichen geben. Am Klinikum Neumarkt, sagte er, seien im vergangenen Jahr 14000 Überstunden aufgelaufen; aber nicht, weil schlecht bezahlt werde und deshalb dort keiner arbeiten wolle, sondern schlicht, weil die Arbeitskräfte fehlten.

Skeptischer Blick in den Vertrag

Deshalb sehe er auch einen Punkt des Koalitionsvertrages skeptisch: Es sollen 8000 neue Pflegekräfte angestellt werden. Das sei ein notwendiger erster Schritt, aber mit einem Pferdefuß: "Diese 8000 Pflegekräfte gibt es nicht."

Die Außenwirkung der SPD sei derzeit so schlecht nicht, berichten alle vier: "Die Leute wollen, dass wir zustimmen", höre man oft. Interesse an der Politik sei da, es gebe aber kein Juso-Bashing, weil diese gegen die große Koalition seien. "Geht halt in die Regierung", heiße es, denn die Bürger wüssten durchaus zu schätzen, was die SPD auf dem sozialen Feld für sie leiste.

Nur durchgeschlagen hat das bei der Wahl im September nicht – und das lässt die SPDler dann doch etwas ratlos zurück.

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