Pfadfinderleben für muslimische Kinder

17.7.2017, 11:00 Uhr
Pfadfinderleben für muslimische Kinder

© Foto: Werner Sturm

Im Jahr 1907 hat der britische Baron und Offizier Robert Baden-Powell 22 Jungen zum Zelten auf die Insel Brownsea eingeladen und damit praktisch die Pfadfinderbewegung gegründet. Daraus ist die größte internationale Jugendbewegung geworden, der weltweit etwa 40 bis 45 Millionen Kinder und Jugendliche in anerkannten Pfadfinderverbänden angehören. Der muslimische Anteil liegt bei elf bis 13 Millionen.

In Deutschland sind die muslimischen Pfadfinder und Pfadfinderinnen im BMPPD (Bund Muslimischer Pfadfinder und Pfadfinderinnen Deutschlands) organisiert. Der plant jetzt in Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendring Neumarkt sowie gefördert beziehungsweise unterstützt vom bayerischen Jugendring, vom Bundesfamilienministerium sowie von der Robert Bosch Stiftung, erstmals auch in Bayern eine muslimische Pfadfindergruppe aufzubauen. Der Bund Muslimischer Pfadfinder und Pfadfinderinnen Deutschlands arbeitet dabei eng mit den vier großen deutschen Pfadfinderverbänden zusammen, die da sind: Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP), Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG) und Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP).

International beliebt

Der internationale Zeltplatz des VCP Bayern bei Buch ist seit seiner Gründung 1983 ein beliebter Anlaufpunkt für internationale Jugendgruppen. Der VCP ist der evangelische Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverband Deutschlands. Auf dem Zeltplatz hoch über dem Tal der Bachhaupter Laber stehen Gemeinschaft und Nähe zur Natur ebenso im Mittelpunkt wie pfadfinderische und erlebnispädagogische Aktionen.

Am Samstag waren rund 30 Kinder zum Zeltplatz gekommen, die alle miteinander die Grundschule an der Bräugasse in Neumarkt besuchen. Etwa Zweidrittel davon waren in Deutschland geborene Kinder mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund, zum Beispiel mit albanischen, bosnischen und türkischen Wurzeln. Bei einem Drittel der Mädels und Jungs handelte es sich um Flüchtlingskinder, die meisten davon aus Syrien.

Ihrer angenommen haben sich der eigens aus Rüsselsheim am Main angereiste Gründungspräsident des BMPPD, Taoufik Hartit, der Neumarkter David Hünlich, der seit April für den Bund Muslimischer Pfadfinder und Pfadfinderinnen Deutschlands bundesweit unterwegs ist, Judith Rupp aus Woffenbach und Christopher Claar aus Erding, beide vom VCP sowie Rebekka Jaumann von der Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg aus Erding.

Auf die Kinder wartete ein kurzweiliges und unterhaltsames Programm, das mit verschiedenen Kennenlernspielen begann. Lieder wurden gemeinsam gesungen und bei einem rund sechs Kilometer langen Postenlauf durch die Umgebung mussten die kleinen Schnupper-Pfadfinder an fünf Stationen ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Zur Stärkung gab es am Mittag Kuskus, Wassermelone und Gemüsesteaks, zum Abendessen Kesselgulasch und Marshmallows. Die Speisen waren alle selbstverständlich halal, das heißt für Muslime zulässig und erlaubt.

Coole Spiele und gutes Essen

Die Verantwortlichen zogen ein sehr positives Tagesfazit. David Hünlich etwa stellte fest: Teamgeist, Gemeinschaft, Rücksichtnahme, Selbstreflektion, das alles konnte den Kindern heute spielerisch nähergebracht werden. Taoufik Hartit sagte: "Das war ein sehr schöner und gelungener Tag für Groß und Klein." Und bei dem kam auch das spiritistische, sprich die den Muslimen vorgegebenen Tagesgebete nicht zu kurz.

Auch die Mädchen und Buben waren begeistert. Etwa die zehnjährige Esma aus Neumarkt, die sagte: "Wir haben gezeigt bekommen, was es in der Natur zu erleben gibt, es gab coole Spiele, ein gutes Essen, viele Lieder – es war ein schöner Tag und ich würde gleich wieder mitmachen. Muhamad und Muhammad aus Neumarkt trennt nur ein "m" im Namen. Ansonsten sind beide 13 Jahre alt und sie sind Flüchtlingskinder aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einem Ball in der Hand stellten auch sie übereinstimmend fest, dass es ihnen gefallen hat. Muhamad und Muhammad sprechen beide schon recht gut deutsch. Und nicht nur die, wie Muhamad betonte: "Mir gefällt auch der bayerische Dialekt." Muhammad unterstrich, was sich auch die Betreuer von dem Tag erhofft hatten: "Die Gemeinschaft heute unter allen war schön."

Jetzt gilt es laut Taoufik Hartit, den Tag zu evaluieren und sich auf die Suche nach potenziellen Gruppenleitern zu machen, nach einem Muslim und einer Muslima ab 16 Jahren, jung oder jung geblieben, die gerne mit Kindern arbeiten. Dann könnte es vielleicht bald eine muslimische Pfadfindergruppe im Landkreis Neumarkt geben – die erste in ganz Bayern.

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