"Pflegeberuf fordert den ganzen Menschen"

15.6.2018, 06:29 Uhr

© Foto: Bernd Weißbrod/dpa

"Wir müssen neue Mitarbeiter in der Pflege gewinnen, sonst bricht das System irgendwann in absehbarer Zeit zusammen", sagt Josef Bogner, Geschäftsführer der Caritas-Sozialstation Neumarkt. Deshalb haben sich die Wohlfahrtsverbände und die Pflegefachschulen zum Gremium "Pflege & Du" zusammengeschlossen und starten eine umfassende Imagekampagne für den Pflegeberuf. Gemeinsam mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur sollen auch Konzepte erarbeitet werden, um die Qualifikation in der Pflege zu erhöhen. "Wir wollen das negative Bild der Pflege zurechtrücken und die positiven Seiten zeigen", betont Bogner.

Schlechtes Image

Überarbeitung, schlechte Bezahlung, fehlende Empathie der Pflegekräfte — gegen dieses Image des Pflegeberufs will das Gremium ankämpfen. "Es fehlt unseren Schülern nicht an Empathie, die kann man auch erlernen", sagt Sabine Schlegel, Leiterin der Berufsfachschule für Altenpflege am BFZ. Aber wenn die Zeit und der Personalschlüssel zu knapp sind, trete eben schnell Überforderung ein. Hier sei die Politik gefragt, den Personalschlüssel zu erhöhen, fordert Lutz Reichert von der Diakonie Neumarkt-Altdorf-Hersbruck.

"Der Beruf ist bei uns Wohlfahrtsverbänden nicht schlecht bezahlt", sagt Bogner. Ein Berufseinsteiger verdient nach der Ausbildung 2800 Euro brutto plus Zulagen. Allerdings erlaube der Gesetzgeber bei privaten Anbietern eine Bezahlung, die 30 Prozent unter dem Tarif liegt. "Die ziehen den ganzen Berufsstand runter", ärgert sich Gerhard Binder vom Caritas-Seniorenheim in Berching. Aber: "Vieles ist hier bei uns im Landkreis noch in Ordnung", betont Klaus Zimmermann, BRK-Kreisgeschäftsführer.

"Der Beruf hat auch Vorzüge", sagt Bogner und weist auf die Wertschätzung durch die alten Menschen und die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit hin. Die Pflegetätigkeit sei komplex und fordere den ganzen Menschen. "Das wissen viele Schüler gar nicht", sagt Susanne Hahn, Bildungskoordinatorin für neu Zugewanderte am Landratsamt.

Deshalb sind zum Informationstag am 21. Juni, der für die gesamte Bevölkerung offen ist, viele Schulklassen eingeladen, sich an Infoständen und bei Workshops über den Beruf zu informieren. "Wir müssen aber auch die Eltern erreichen", ergänzt Schlegel. Viel zu oft müssten sich am Pflegeberuf interessierte Jugendliche zu Hause anhören: "Du wirst dir doch das nicht antun?!" Alter und Tod würden in der Gesellschaft noch viel zu sehr verdrängt. Niemand wolle schließlich pflegebedürftig werden.

Dabei verschaffe einem der Pflegeberuf viel soziale Kompetenz. "Man kommt im wahrsten Sinne des Wortes in Berührung mit anderen Menschen", sagt Maria Losch, Leiterin der Altenpflegeschule Haus St. Marien. "Unsere Schüler sagen, dass sie der Beruf ausfüllt, und wir bringen ihnen auch bei, wie sie Stresssituationen meistern können." Nicht zuletzt sei der Beruf krisensicher, sagt Binder.

Nicht nur Schüler, sondern auch Quer- und Neueinsteiger sowie Flüchtlinge sollen an den Beruf herangeführt werden. Es gibt unter bestimmten Voraussetzungen Fördermaßnahmen für Quereinsteiger, die umgeschult werden. Das Jobcenter wird im Herbst einen speziellen Kurs "Pflege und Sprache" für Flüchtlinge anbieten. Bei den Arbeitszeiten nehmen die Pflegeeinrichtungen im Landkreis oft Rücksicht auf junge Mütter. Mitunter können die Kinder sogar zur Arbeit mitgenommen werden.

Über Absage enttäuscht

Nicht nur Norbert Bittner von den Caritas-Seniorenheimen in Freystadt und Deining ist allerdings enttäuscht, dass Finanzminister Albert Füracker nun wahrscheinlich doch nicht zum Infotag kommen wird. "Wir haben den Termin extra für ihn drumherum gebaut", so Bittner. Auch Landrat Willibald Gailler und Oberbürgermeister Thomas Thumann lassen sich von Helmut Himmler beziehungsweise Gertrud Heßlinger vertreten. "Offenbar ist das Thema Pflege den Politikern immer noch nicht wichtig genug", klagt Bittner.

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