Pilsacher Bauern warnen: Fünf vor zwölf für Energiewende

27.5.2016, 06:18 Uhr
Pilsacher Bauern warnen: Fünf vor zwölf für Energiewende

© Foto: Andrea Munkert

Über 1,3 Millionen Euro haben Georg Guttenberger und Matthias Kraus in ihre Biogas-Anlage in Niederhofen bei Pilsach gesteckt. Jetzt bangen die beiden um die Zukunft ihrer Anlage – und damit die ihrer beiden Familien. Denn aktuell verhandelt die Bundesregierung wieder über die fortlaufende Förderung der Anlagen, die sich auf Erneuerbare Energien verlagert haben – und damit sind auch die Biogas-Anlagen-Besitzer gemeint, die „grundlastfähig sind, weil sie 24 Stunden am Tag 365 Tage im Jahr völlig wetterunabhängig Strom und Wärme produzieren“, wie Landrat Willibald Gailler sagt, als er den warnstreikenden Betreibern seinen Respekt zollt und ihre Wichtigkeit auch für den Klimaschutz hervorhebt. Ein Aspekt, sagt er, sei auch, dass die Wertschöpfung in der Region bleibe.

Infrastrukturen bestehen

Denn Georg Guttenberger und Matthias Kraus versorgen 15 Haushalte aktuell, die im Umfeld von bis zu sechs Kilometern von ihrer Anlage entfernt leben: Sie produzieren im Jahr so viel wie 60 000 Liter Heizöl. Lange Wege und dicke Trassen für Kohlestrom, wie sie Tennet und andere Betreiber mit der Bundesregierung planen, braucht es hier nicht. Beide Niederhofener sagen: „Immer mehr Leute schließen sich an unser Netz an, haben sich um die Anschlüsse an das Wärmenetz gekümmert. Inzwischen, das betont auch der Pilsacher Bürgermeister, gebe es da eine richtige Infrastruktur und die werde immer weitläufiger – wenn da die Unsicherheit nicht wäre, ob Guttenberger und Kraus den Betrieb ab 2020 weiter am Laufen halten können, denn dann greift eine geplante Novelle im Erneuerbare-Energien-Gesetz – und die sieht ein Ende der Förderung der bestehenden Anlagen vor. Nach Meinung der Beteiligten in Niederhofen bräuchte die eher eine Förderung zum weiteren Ausbau, als einen Stillstand und über kurz oder lang das Ende der Betriebe.

Denn schon 2014 habe es Restriktionen gegeben und damit sei die Erweiterung der Wind-, Photovoltaik oder Biogas-Anlagen zum Stillstand gebracht worden. Mit der jetzt diskutierten Neuerung drohe wieder ein massiver Rückbau, befürchten der Bauernverband und der Fachverband Biogas.

„Wir wollen diese Unsicherheiten nicht haben, zu denen es kommt, wenn ab 2020 wieder erneut verhandelt wird. Das gibt keine Sicherheit und keine Verlässlichkeit für Investitionen“, betont Martin Schmid, BBV-Kreisobmann und Landwirt. „Es geht darum, dass jetzt eine Regelung für bestehende Anlagen getroffen wird, die die Grundlage für eine Existenzchance ist auch über die Einspeisevergütung, die für 20 Jahre gilt“, betont Markus Bäuml.

Schließlich sei Neumarkt auch in der Energiewende Vorzeigelandkreis, in dem bereits 85 Prozent der produzierten Energien so genannte erneuerbare sind – also über Biogas, Wind, Sonneneinstrahlung und mehr. Allein hier gebe es 39 Biogas-Anlagen, sagt der Landrat. Sieben seien es in Pilsach, betont Bürgermeister Adolf Wolf. 33 Prozent des bundesweit produzierten Stroms kommt inzwischen aus nachhaltigen Verfügungsstoffen, elf Prozent machen Biogas und Holz aus.

Die Bundesregierung setze mit dem aktuellen Entwurf zum EEG die Zukunft der Energiewende aufs Spiel, sagt Markus Bäuml vom Fachverband Biogas. Dabei ging es um die Förderung Erneuerbarer Energien, den Atomausstieg und die dezentrale Versorgung durch kleinere Produzenten — um einen Energiemix, sagt er, um immer 100 Prozent Versorgung zu gewährleisten, denn in Deutschland hatte man immer diese Versorgungssicherheit. Dabei, so seine Vermutung, haben die eingesessenen Energieriesen die Umstellung verpasst, klagten und das aktuelle Zurückgerudere der Regierung, sei nichts „als ihnen Luft zu verschaffen“.

Gewinn ungern hergegeben

Alles, was nun in der Diskussion sei, sei kontraproduktiv, Schwachsinn – so als ob man nur jedes zweite Auto mit einem Gurt ausstatten würde, sagt Bäuml, weil es weniger Unfälle gebe. „Sie will die Sache kontaminieren, indem sie eine Trasse für Kohle-Strom plant und Lobby-Arbeit für die Großkonzerne betreibt.“ Die Konzerne seien einfach Cash Cows, die deren Chefs ungern aus der Hand geben für andere Energien. Es gehe darum, kleinen Produzenten Perspektiven zu geben, damit die sicher investieren können, betonen die Beteiligten. Darum, „die Energiewende nicht auszubremsen“.

60 Prozent seiner Einnahmen hat Georg Guttenberger durch die Biogas-Anlage – 40 Prozent über den Verkauf von Milch und Vieh. Sein Geschäftspartner Matthias Kraus hat seine Kühe verkauft, lebt seither von der Produktion. Ändert sich das Gesetz, müssten sie zur Milch- und Getreideproduktion zurückkehren – aber bei den aktuellen Preisen sei das keine Grundlage für die Zukunft. Und auch keine Basis für den Klimaschutz.

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