Probenbeginn für die Passionsspiele Neumarkt 2019

22.10.2018, 06:30 Uhr
Probenbeginn für die Passionsspiele Neumarkt 2019

© Foto: Michael Müller

Viele der 495 Mitwirkenden sind nicht zum ersten Mal bei den Passionsspielen dabei. Entsprechend groß war die Wiedersehensfreude bei den ersten beiden Proben. Auch der neunjährige Jonas Donhauser ist bereits ein "Alter". "Vor zehn Jahren war der Jonas als kleines Baby dabei", verrät Oma Angelika Brendel, die natürlich ebenso wie Jonas’ Schwester Lena (7) unter den Darstellern ist. "Das ist Ehrensache", sagt Brendel. Lampenfieber kennen die beiden Kinder nicht. Zumal sie der Verlauf der ersten Probe am Samstag gleich ermutigt hat. "Das hat gut geklappt, der Regisseur war mit uns zufrieden", freut sich die Oma.

Michael Ritz ist seinerseits froh, "dass alle so toll mitmachen", offensichtlich große Lust aufs Spielen haben. Auch die Kinder sind voll bei der Sache. "Wenn man die Kinder Ernst nimmt, dann merken sie, dass sie eine wichtige Aufgabe haben und nicht überflüssig sind", sagt Ritz. Bevor es losgeht, ermuntert er alle nochmals, bei jeder Probe wieder das Optimale abzuliefern. "Jetzt geht es erst mal durch die Mühen des Tales." Außerdem ermahnt er: "Die Bühne ist ein heiliger Ort." Deshalb: kein eingeschaltetes Handy, keine Kaugummis, kein Pfeifen, kein Dankeschön, wenn jemand Toitoitoi wünscht. Selbst bei so einem heiligen Spiel gibt es also ein bisschen Aberglauben.

"Das Werk vollenden"

Organisationsleiter Franz Düring und Domkapitular Norbert Winner bedanken sich nochmals bei allen, die zur Probe gekommen sind, und beschwören die Gemeinschaft der Passionsspielgemeinde. "Machen wir weiter so, dass wir das riesige Werk vollenden", ruft Düring in den Saal.

Dann führt der Regisseur in die radikale Szene "Vertreibung aus dem Tempel" ein. Zuerst sollen die Händler ihre Waren anpreisen, Münzen, Kerzen, Salben, Weihrauch und Turteltauben als Opfertiere, laut und deutlich. "Ihr müsst richtig Show machen. Wir müssen die Atmosphäre auf dem Tempelvorhof hinkriegen", sagt Ritz. Das Volk soll mit den Händlern um die Waren feilschen, eine Bettelfrau soll ihre Kinder zum Betteln losschicken, andere Kinder sollen im Vordergrund mit Stöcken fechten. Ritz sucht jemanden, der dazwischen geht und ruft: "Hört auf damit, wir sind im heiligen Tempel." Als sich ein älterer Neumarkter meldet, sagt dessen Enkelin: "Mein Opa kann gut schimpfen." Alle lachen.

Auch die "Jungfrauen" kommen zum Einsatz und der "Verein der lustigen Witwen", wie Ritz sie nennt. Alle sollen in ihren Gruppen zusammenbleiben, miteinander ratschen, zu den Münzhändlern gehen, Geld wechseln. Dann ruft der Regisseur alle auf die Bühne, die Probe beginnt.

Zuerst noch zu leise

Zuerst rufen die Händler nicht laut genug ihre Waren aus. "Würdet Ihr denen was abkaufen?", fragt Ritz in die Runde. "Nein" hallt es aus dem Volk zurück. "Du musst dein Narbenöl anpreisen, als wäre es Dior", sagt er zu einer Darstellerin. Im zweiten Anlauf klappt es schon besser. "Das ist ja Wucher, du elender Betrüger, du hast falsch gewogen", ruft eine betrogene Kundin voller Inbrunst. Das gibt Szenenapplaus.

Als der Opa die Kinder am Fechten hindert, geht ein Murren durch deren Reihen — ganz wie im richtigen Leben. Alle raunen, als Ritz die Kinder ermuntert, stattdessen doch auf Diebestour zu gehen. Und die Erwachsenen dürfen ihnen dann auf die Finger klopfen. Auch das Betteln kostet die Kinder offenbar Überwindung. "Eine milde Gabe, ich habe Hunger, bitte Brot" sollen sie zu den Leuten sagen und die Hand aufhalten. Das kommt erst noch schüchtern über die Lippen. "Ihr müsst richtig jammern", fordert Ritz — und siehe da, die Kleinen entdecken ihre Stimme.

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