Pyrbaum: Bahn frei für Mehrfamilienhäuser

27.7.2018, 11:06 Uhr
Pyrbaum: Bahn frei für Mehrfamilienhäuser

© Foto: Markt Pyrbaum

Monika Werft (Bündnis90/Grüne) stellte den Antrag zur Geschäftsordnung, die Erweiterung des Baugebietes "Am Alten Forsthaus" von der Tagesordnung zu streichen. Als Begründung nannte sie die Tatsache, dass das Gremium bereits vor einem Jahr beschlossen habe, diese Erweiterung nicht zu genehmigen. "Wir haben damals umfangreich diskutiert und uns eine Meinung gebildet. Wir haben im Gremium mehrheitlich dagegen gestimmt. Seitdem hat sich nichts wesentliches verändert. Haben denn die Beschlüsse des Gremiums keinen Wert, keinen Bestand? Wir werden unseren Bürgern gegenüber unglaubwürdig."

Bürgermeister Guido Belzl wies kurz darauf hin, dass die Vorgehensweise, den Punkt 4 nochmals auf die Tagesordnung zu setzen, mit der Rechtsaufsicht des Landratsamtes konform gehe und somit nicht zu beanstanden sei. Davon ließ sich Monika Werft nicht beeindrucken und forderte nachdrücklich eine Abstimmung zu ihrem Antrag. Der wurde mit sechs Ja-Stimmen und neun Nein-Stimmen abgelehnt.

Hochemotionale Diskussion

Damit war das Thema aber längst nicht vom Tisch. Monika Schmidt von den Freien Wählern Pyrbaum zeigte sich "schockiert". "Was ist ein Nachtragsbeschluss denn wert, wenn über dieses Thema bereits vor einem Jahr abgestimmt wurde und sich seitdem nichts Gravierendes geändert hat? Warum brauchen wir dann einen neuen Beschluss?" Eine hochemotionale Diskussion zur Nachhaltigkeit von Beschlüssen des Gremiums schloss sich an.

Weiteres Ungemach zog herauf, als Monika Werft das "Beschleunigte Verfahren nach dem Baugesetzbuch" näher erläutert haben wollte. Was stecke da denn dahinter? Was solle da durchgezogen werden?

Es ermögliche den Gemeinden, schneller geeigneten Wohnraum für ihre Bürger zu schaffen, versuchte Bürgermeister Belzl aufkommende Befürchtungen zu entkräften. Und keineswegs würden Bürgerrechte oder Fachstellen damit abgewürgt. "Es ist nur ein beschleunigtes Verfahren, um den dringenden Wohnraumbedarf der Bürger zu befriedigen."

Die Erweiterung dieses Baugebietes um drei Mehrfamilienhäuser wäre zu sehr günstigen Erschließungskosten zu realisieren, da der Maschinenpark ohnehin vor Ort sei und dieses Projekt von staatlicher Seite gefördert werde. "Es ist ein unschlagbar günstiger Preis, da müssen wir nochmal drüber reden", kämpfte der Bürgermeister um das Projekt. "Damit wird die Außenansicht Pyrbaums unwiderruflich beschädigt", kam es aus dem Gremium.

Förderung winkt

Albert Sandmair (CSU) hatte Verständnis für beide Seiten, machte aber geltend, dass es für die Gemeinde eine gute Gelegenheit wäre, Fördermittel in nicht unbeträchtlicher Höhe zu bekommen. Beträge von 500 000 bis 800 000 Euro stünden "im Raum". "Wir haben in der Gemeinde zukünftig viel vor." Für die Schule allein seien sechs bis sieben Millionen Euro einzuplanen, die auch finanziert sein wollten. "Deshalb muss uns jeder Euro am Herzen liegen." Mit der Erweiterung des Baugebietes könnte man "mit kleinem Geld" aus einer sauren Wiese Wohnbauland für die Gemeinde sichern. Diese weiteren Argumente würden eine neue Befassung mit dem Thema rechtfertigen.

"Das war damals vor einem Jahr alles schon bekannt", griff Monika Werft wieder ins Geschehen ein. Außerdem würden doch Erschließungskosten ohnehin auf den Bauherren umgelegt.

Jetzt verlagerte sich die Diskussion wieder auf das optische Erscheinungsbild Pyrbaums. "Mehrfamilienhäuser haben immer einen urbanen Charakter", war zu hören. "Das passt nicht hinten und vorne", wurde auf die Bauhöhe von 12,5 Metern Höhe angespielt.

Stefan Zeltner (Freie Wähler Pyrbaum) hieb wieder in die Glaubwürdigkeitskerbe. "Was sind Beschlüsse in Pyrbaum eigentlich wert – doch gar nichts." Da er nach eigenen Worten von "hintenrum" nichts hält, kündigte er schon einmal an, sich "die Aktivierung eines Bürgerbegehrens" in dieser Angelegenheit vorzubehalten. "Wenn jetzt Geld fließt und das Bürgerbegehren greift, dann haben wir Geld verbrannt." Seine Befürchtung war, dass mit den Mehrfamilienhäusern Pyrbaums Ortsansicht so nachhaltig zerstört werde, dass das nicht mehr reparabel sei.

Dirk Lippmann (SPD) bestätigte, dass es sich "ortsgestalterisch" um einen sensiblen Bereich handele. Mit dem Büro für Landschaftsplanung Ermisch & Partner müsse das aber hinzukriegen sein, wenn man auf bestimmte Baumerkmale Wert lege. "Ich möchte nicht, dass Menschen mit einem etwas kleineren Geldbeutel auf der Strecke bleiben – der Druck im Wohnungsbau ist zweifellos da." Ein Spatenstich wie in Parsberg oder Postbauer-Heng würde auch Pyrbaum gut zu Gesicht stehen.

Günther Fischer outete sich als Befürworter der durch Mehrfamilienhäuser erweiterten Baumaßnahme von Anfang an. Die Häuser würden durch die große Hecke gut verdeckt. "Ich bin nach wie vor dafür, weil der Ort Pyrbaum durch gute Architektur gewinnt."

Stimme von Zuhörerrängen

Plötzlich ergriff eine ältere Dame aus dem Zuschauerraum hochemotional und ungefragt das Wort. Sie wolle sich das nicht mehr länger mit anhören. Freundliche Hinweise des Bürgermeisters auf die Gepflogenheiten halfen nichts, die verärgerte Dame "schoss" ihr Statement unbeeindruckt ab. Warum er seine frühere Entscheidung geändert habe, machte Bernd Glas (CSU) vor dem Gremium deutlich. Es sei ihm bestimmt nicht leicht gefallen. Dass Entscheidungen durchaus revidiert werden können und auch müssten, räumte Gabriele Zehnder ( Christlich-Freie Wähler Seligenporten-Rengersricht) gerne ein. "Aber doch nur beim Vorliegen stichhaltiger Gründe – "und die sehe ich beim besten Willen nicht".

Sein Herz sei total zerrissen, gestand Erwin Dotzer von der CSU. Er brachte ein weiteres Thema ins Gespräch, den zusätzlichen Verkehr. Nachdem es deutliche Anzeichen dafür gab, dass die gesamte, emotional aufgeheizte Diskussion sich im Kreis zu drehen beginnt, beantragte Stefan Zeltner die namentliche Abstimmung zur Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes für die Erweiterung des Baugebietes "Am Alten Forsthaus", also für den Aufstellungsbeschluss. Die Räte stimmten mit zehn zu sechs Stimmen dafür.

Mit einer Gegenstimme wurde die Vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes "Südlich der Eichenstraße" durchgewunken.

Bürgermeister Guido Belzl informierte über die noch offenen Punkte aus den Bürgerversammlungen 2017.

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