Pyrbaum: Bräustuben mit futuristischem Anbau oder traditionell

18.4.2015, 11:00 Uhr
Pyrbaum: Bräustuben mit futuristischem Anbau oder traditionell

Die Zeiten, als im großen Saal Hochzeitspaare tanzten und Besucher sich vor Lachen bei Vorführungen von Theater-Stücken krümmten, sind längst Geschichte. Auch der Herd in der Küche der Speisegaststätte ist lange aus.

Das soll sich nun ändern, nachdem das Gebäude lange zum Verkauf gestanden hatte. Letztlich erwarb es die Gemeinde, die ihm nun neues Leben einhauchen will. Zwei Säle soll es in dem barrierefreien Haus geben, einer davon multifunktional. Es soll für die Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar sein. Auch der Archivar soll darin Platz zum Arbeiten haben.

So lautete auch die Aufgabenstellung an sieben Architekturbüros, die nun ihre Ergebnisse vor dem Rat präsentierten. So viel vorne weg: Mit teilweise sehr pfiffigen, praktischen und teilweise auch sehr mutigen Ideen.

Gemeinsam haben die Entwürfe zwei Punkte: Einen Anbau am nördlichen Teil des Gebäudes und den barrierefreien Zugang auf beiden Etagen.

*Einigkeit herrschte unter den Planern auch über den großen Saal, der im Westtrakt beheimatet ist. „Wunderschön“ sei dieser, sagte der Amberger Architekt Georg Zunner. Um jeden Preis wolle er diesen erhalten und mit einer großen Bühne „puristisch und ruhig“ umgestalten.

Pyrbaum: Bräustuben mit futuristischem Anbau oder traditionell

Zunner konzentriert sich auf den historischen Charakter des ältesten Baus im Osten. Das Fachwerk soll in neuem Glanz erstrahlen, auf dem Vorplatz mit Eingangsbereich sind Sitzgelegenheiten vorgesehen.

Im Obergeschoss entsteht (über dem Saal im Erdgeschoss) ein Bürgersaal. In den Nebenräumen und dem dazugehörigen Balkon sieht Zunner in Zukunft Hochzeitspaare mit Sekt anstoßen.

*Was der Fürther Hermann Keim mit dem bunten Material-Mix in den Bräustuben anfangen würde, sagte er ohne Umschweife: „Graffl raus.“ Zwischen den Fachwerk-Stäben habe man damals „alles verbaut, was man gefunden hat“.

Keim ist aus diesem Grund der einzige Planer, der dem Fachwerk den Rücken kehren würde; auch, weil eine verputzte Fassade die Außendämmung erleichtere. Das Fachwerk zu erhalten sei ohnehin nicht zwingend erforderlich, erklärte Keim. Alte Aufnahmen dokumentieren, „dass die Bräustuben lange Jahre ein Putzbau waren“.

Pyrbaum: Bräustuben mit futuristischem Anbau oder traditionell

Der Vorschlag des Architekten stieß bei den Räten vorerst auf wenig Gegenliebe. „Das Fachwerk hat sich über die Jahre bei den Bürgern eingeprägt, das wollen wir erhalten“, sagte einer.

*Robert Resch vom Büro „Hausblau“ aus Offenhausen präsentierte den wohl ausgefallensten Entwurf (siehe Bild unten). Seinem Stift ist der westliche Anbau von 1886 gänzlich zum Opfer gefallen; dazu zählt auch die historische Sandsteinwand.

An dessen Stelle rückt auf dem Papier ein Neubau, der auf zwei Etagen zwei multifunktionale Säle nach modernsten Standards beheimatet. Im neu geschaffenen Keller gäbe es dazu Umkleidekabinen und reichlich Stauraum – ebenfalls einzigartig unter den Entwürfen.

Als verbindendes Glied zwischen Alt und Neu dient ein Einschub aus Glas, in dem auch das Treppenhaus Platz findet.

„Ich möchte das Gebäude auf den Stand von 1722 zurücksetzen“, sagte Resch. Dazu gehöre auch das Walmdach. Das Amt für Denkmalschutz habe wohl angedeutet, mit dem Abriss einverstanden zu sein, wenn der östliche Teil zum „erlebbaren Denkmal“ werde.

Zu dem doch eher mutigen Entwurf von Robert Resch wurden im Gemeinderat Bedenken laut, dass finanzielle Zuschüsse so nur erschwert gewährt würden.

*Das Büro berschneider+berschneider legte das Augenmerk auf ein „unauffälliges Erscheindungsbild“ (Rico Lehmeier), um die Bräustuben als Pendant zu den umliegenden Gebäuden einzugliedern.

Bis auf einen kleinen Koffer an der nördlichen Gebäudemitte und eine Überdachung am nun östlichen Eingang kommt der Entwurf ganz ohne Anbauten aus. Die Fenstergröße zur Straße hin soll erhalten bleiben (siehe Bild oben), in nördliche Richtung hingegen wird das Gebäude durch bodentiefe Fenster luftiger.

„Die historischen Decken und Mauern zeigen“, ist Lehmeiers Ziel. Gut kam die Idee einer öffentlichen Toilette an, die, separat zugänglich, machbar wäre. Eher weniger praktisch: Bei Veranstaltungen im Erdgeschoss müssten Besucher in den ersten Stock, um zu den Toiletten zu gelangen.

*Einen ganz neuen Weg ging das Büro Graf & Kellner aus Burgthann: Im Erdgeschoss schufen die Architekten einen großen und gleichzeitig kleinen Saal (ehemalige Wirtsstube). Was zunächst auf große Zustimmung stieß, war kurz darauf vergessen, als der für die Südseite geplante Eingang präsentiert wurde. „100 Leute drängen sich an der Straße, das ist sehr gefährlich“, monierte eine Markträtin.

*Wenig Konkretes bekamen die Räte von Manuela Grünzinger, Hilpoltstein, zu hören. Die Vorgaben des Gremiums habe man zwar berücksichtigt, jedoch seien für eine handfeste Planung detaillierte Auskünfte von Nöten, erklärte Grünzinger.

Zuvor müsse die Beschaffenheit des Fundaments und des Bodens untersucht werden, „die Risse in der Fassade machen mir große Sorgen“. Auch in Grünzingers Entwurf war ein schmaler Anbau mit Foyer im Norden angedacht.

*Architekt Jochen Sturm, Seligenporten, wählte den Weg der Radikalkur: „Der westliche Teil muss weg“, sagte er. In gleicher Bauart entstehe dort ein Neubau, der durch eine schmale Glasfuge vom Altbau getrennt ist.

Sturm nannte erstmals ein konkretes Zeitfenster: Bei einem Baubeginn im 2. Quartal 2016 könne man im 3. Quartal 2017 mit der Fertigstellung rechnen. Auch was die Kosten betrifft, wurde Sturm konkreter: „Das sind keine Bauchwerte“, sagte er. Sein Angebot beinhalte „Ausstattung und Möblierung“.

Betrachtet man alle Angebote, wird sich die Gemeinde unter dem Strich wohl mit Kosten von zwei bis 2,5 Millionen Euro konfrontiert sehen.

*Unter Ausschluss der Öffentlichkeit berieten Bürgermeister und Räte anschließend über die vorliegenden Pläne. Eine Entscheidung trafen sie dabei nicht. „Wir müssen erst mit der Behörde für Denkmalschutz klären, ob der westliche Gebäudeteil tatsächlich abgerissen werden darf“, sagte Bürgermeister Belzl am Tag darauf.

Erst wenn diese Kernfrage geklärt sei, könne der Rat alle Entwürfe fair bewerten.

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