Rechnungsprüfer sehen "Handlungsbedarf" in St. Johannes

16.4.2018, 06:17 Uhr
Rechnungsprüfer sehen

© Foto: Fritz-Wolfgang Etzold

Das erfuhren gestern die Neumarkter Nachrichten auf Anfrage von Stadtpfarrer und Domkapitular Norbert Winner. Der St. Johannes-Pfarrer folgt damit einer Forderung des kirchlichen Revisors Andreas Gruber, der Rechnungsprüfungen in allen bayerischen Bistümern macht.

Am Donnerstag dieser Woche gab es in der Johannesgemeinde eine mehrstündige Besprechung mit den Revisoren — nur ein vorläufiger Endpunkt der monatelangen Rechnungsprüfungen. Bistumssprecher Martin Swientek nannte zwar keine Details der Beanstandungen, berichtete aber von einer "komplexen Situation". In einer der größten Kirchengemeinden im Bistum bestehe "dringender Handlungsbedarf".

Das Grundproblem sei in den größeren Pfarreien immer das gleiche: Nur mit ehrenamtliche Mitarbeitern und ohne betriebswirtschaftliches Knowhow seien die zahlreichen Transaktionen nicht abzuwickeln.

Stadtpfarrer Winner berichtete gestern im NN-Gespräch selbst von einem "furchtbaren Durcheinander" in der Verwaltung der Pfarrgemeinde, die praktisch ein kleines mittelständisches Unternehmen ist: Die Münstergemeinde betreut knapp 10 000 Gläubige; drei Priester und weiteres kirchliches Personal wirken auch in fünf Filialkirchen.

Im angeschlossenen Johanneszentrum und in den Kindergärten St. Johannes, St. Elisabeth, St. Pius und St. Helena sind 50 Mitarbeiter beschäftigt, rund 400 Ehrenamtliche wirken an der Gemeindearbeit mit. Zu dem kleinen Reich von St. Johannes gehören nebenbei noch 20 Immobilien.

"Über den Daumen gepeilt"

Von zahlreichen Kassen und Konten berichtete Pfarrer Norbert Winner gegenüber den NN: "Vieles ist mit gutem Willen verwaltet und manches über den Daumen gepeilt worden. Es ist richtig, dass nicht alles ganz korrekt gelaufen ist, aber niemand hat sich bereichert, und es ist nichts veruntreut worden." Etliche Kassen seien gleichwohl "nicht so gewissenhaft geprüft und eher leichtfertig geführt worden". Der Domkapitular: "Vor zehn, 15 Jahren hat da keiner so genau hingeschaut."

Nein, als Leiter der Groß-Pfarrgemeinde habe er sich in wirtschaftlicher Hinsicht nicht überfordert gefühlt, meinte der Stadtpfarrer. Winner verfügt nach eigener Einschätzung über "hervorragende ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter, auf die ich mich verlasse".

So sei es ein hochrangiger Angestellter der Raiffeisenbank, der die Konten betreue. Eine Architektin kümmere sich um Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten. Schließlich könne sich St. Johannes auf die Stiftungsaufsicht beim Bistum stützen.

In etwa vier Wochen will der Revisor einen Bericht über die Feststellungen in der Pfarrgemeinde St. Johannes vorlegen. Der bischöfliche Sprecher Martin Swientek kündigte an, dass dieser Report eine "Auflistung von Fragen" enthalten werde, die abgearbeitet werden müssten. Schon jetzt ist nach Angaben von Stadtpfarrer Winner klar, dass die Kalvarienberg-Stiftung, zuständig für die inoffizielle Wallfahrtsstätte Mariahilfberg, eine eigene Kirchenverwaltung erhalten soll. Das soll laut Forderung der Revisoren ab 2019 greifen.

Ansonsten wurden weder vom Bistum noch von der Gemeinde große organisatorische Änderungen genannt. An der Personalausstattung von St. Johannes soll sich nach Angaben von Norbert Winner nichts ändern. Die Rechnungsprüfer hätten viele Einzelpunkte beanstandet, die nun abgearbeitet würden. "Ich sehe das nicht als Strafaktion, sondern als längst überfällige Hilfe. Wir sind eher dankbar, dass vieles nun in die richtigen Wege gebracht wird."

"Ehrenamtliche entlasten"

Größere Gemeinden mit vielen Einzelaktivitäten stünden vor dem Problem, dass sich die Verwaltungsarbeit rein ehrenamtlich kaum noch bewältigen lasse, erklärte Sprecher Swientek. Professionelle Begleitung im Verwaltungsbereich sei gefordert. "Wir wollen die Ehrenamtlichen nicht entmachten, sondern entlasten."

Im Bistum werde diskutiert, Verwaltungszentralen für mehrere Pfarreien aufzubauen. Ein Patentrezept gebe es allerdings noch nicht. Von einer solchen Zentralisierung sieht Stadtpfarrer Winner die St. Johannes-Gemeinde gegenwärtig nicht betroffen.

Die kritische Bestandsaufnahme und das Ringen um professionellere Strukturen steht auch im Zusammenhang mit einer steuerrechtlichen Änderung im Jahr 2020: Dann entfällt die Befreiung der Kirchen von der Umsatzsteuer. Während die Gemeinden bisher beispielsweise nach dem Pfarrfest den steuerfreien Erlös einfach aufs Konto eingezahlt haben, müssen die Pfarreien dann Einnahmen und Ausgaben genau bilanzieren und den Erlös versteuern. Norbert Winner: "Es ist zu erwarten, dass das Finanzamt gerade bei den größeren Gemeinden genau hinschaut."

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