Siemens inspiziert "Strohschweine" aus Stierbaum

12.7.2017, 18:00 Uhr
Siemens inspiziert

© Hauke Höpcke

Man riecht: nichts. Das liegt nicht nur an dem frischen Wind, der auch im Hochsommer über die Jurahöhen pfeift rund um den Weiler Stierbaum. Es liegt vor Allem an dem dicken Strohbett auf dem die derzeit 80 Schweine im Stall von Ludwig Lang leben. Die frischen Lagen dichten den stinkigen Kot ab. Also hier hat das Strohschwein gegenüber dem Spaltenbodenschwein die Nase vorn.

Und nicht nur dort: Es hat auch mehr Platz. Ein Quadratmeter pro Tier klingt erst einmal nicht viel. Aber es ist immerhin ein Drittel mehr als der Gesetzgeber erlaubt. Das Tier kann graben, wühlen, spielen. Es ist wie beim Menschen: Sport baut Aggressionen ab, hilft gegen Langeweile und kräftigt die Muskulatur. Und das schmeckt man.

Das "Bayerische Strohschwein" ist eine Initiative von Metzgern und Bauern, die mit einem regionalen Premium-Produkt gegen den Preisdruck der Schlachtfabriken und Supermärkte bestehen möchten. Sie garantieren gute Qualität aus der Region mit ein Plus an artgerechterer Tierhaltung.

Der Aufwand hat seinen Preis. Auch wenn die Strohschweine nicht in der Bio-Liga mitspielen, schlägt er mit 15 bis 25 Prozent je Kilo Lebendgewicht zu Buche. Beim Bratwurst-Röslein stehen sie trotzdem regelmäßig auf der Speisekarte. Und auch die Siemensianer sind offenbar bereit, den Aufschlag auf ihr Mittagsschnitzel im Kasino, so heißt beim Elektro-Konzern die Kantine, zu bezahlen. Die Tochter Restaurant Services stellt vier der sechs Betriebe in Nordbayern auf regionale Produkte um. "Das Fleisch hat dabei einen hohen Stellenwert", sagt Regionalleiter Johann Georg Siegel.

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Den 37-köpfigen Betriebsrat hat er dabei auf seiner Seite. Ein Pilotprojekt am Standort Erlangen Süd, ist gut gelaufen. Mitte September wird es dann ernst, wenn eines der beiden Kasinos in Forchheim umgestellt wird, wo Siemens Healthcare Computertomografen herstellt.

Dabei geht es um beachtliche Mengen: 20 000 Mittagessen täglich verspeisen die Siemensianer in Nordbayern. Etwa 300 Schweine landen jeden Monat als Currywurst oder Schnitzel auf den Tellern. "Wir hoffen, damit auch das private Einkaufsverhalten in Richtung Regionalität und Qualität zu beeinflussen", sagt Siegel. Und der Initiative Strohschwein durch den regelmäßigen Absatz ein sicheres Fundament zu geben.

Bisher sind etwa 30 Landwirte Mitglied, die meisten in Oberfranken rund um den Gründungsort Selbitz. Zwischen Berching und Allersberg hat Lang noch vier Mitstreiter, andere zeigen sich interessiert.

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Die letzten Zweifel bei den Siemens-Betriebsräten haben wohl die Hausmacher, der Leberkäs und der Schinken von Metzger Josef Greiner aus Greding zerstreut. Er verarbeitet nur noch Strohschweine. "Bei den Wurstwaren merkt man keinen Unterschied, aber beim Braten und bei den Steaks", sagt Greiner. Ein Dutzend Tiere nimmt er Ludwig Lang wöchentlich ab.

Der hält schon immer seine Schweine auf Stroh - gezwungermaßen. nach einem Brand wollte Lang vor zehn Jahren auch einen Stall mit Spaltenböden bauen, doch im Jura-Karst gab es keine Genehmigung dafür. So musste er auch im neuen Stall unwillig mit der Strohhaltung weitermachen, hatte mehr Arbeit als andere Landwirte, aber genauso mäßige Erlöse. "Auf einmal wird aus dem Nachteil ein Vorteil", sagt Lang.

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