So funktioniert die Energiewende in der Praxis

16.11.2018, 09:20 Uhr
Professor Brautsch plädiert dafür, die Biogas-Produktion nicht abzuwürgen. Hier eine Anlage im Landkreis Fürth.

© Mark Johnston Professor Brautsch plädiert dafür, die Biogas-Produktion nicht abzuwürgen. Hier eine Anlage im Landkreis Fürth.

Markus Brautsch hat das Institut für Energietechnik an der Hochschule Amberg-Weiden ins Leben gerufen und arbeitet und forscht mit einem interdisziplinären Team von 20 Wissenschaftlern und Ingenieuren auf dem Gebiet der rationellen Energiewandlung, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Zu Beginn der diskussionsfreudigen Runde erinnerte der Kreischef der CSU, MdB Alois Karl, an die Informationsveranstaltung in Dietfurt, bei der sich er und Vertreter des Netzbetreibers TenneT durchaus kritischen Fragen zur geplanten 380 KV Leitung durch den Landkreis stellten. "Es ist gut", findet Karl, "wenn die CSU den Bürgern zeigt, dass sie schwierigen Fragen nicht ausweicht".

Dezentrale Versorgung

Strom von den großen Windparks im Norden der Republik zu den großen Verbrauchern im Süden zu bringen ist das eine. Gastreferent Brautsch wiederum beschäftigt sich mit der dezentralen Energieversorgung, die eine wichtige Komponente für eine zuverlässige Stromversorgung ist.

Der Amberger Wissenschaftler will nicht im stillen Labor-Kämmerchen arbeiten. Er geht in die Praxis, in die Kommunen mit ihren Stadtwerken, zu Industriebetrieben. Anhand von etlichen Beispielen zeigte er auf, wo seine Vorstellungen ansetzen. Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung ist ein Stichwort, Flexibilität bei Erzeugung und Verbrauch ein anderes. Er fordert, salopp gesagt, Cleverness ein.

Am Beispiel einer Oberpfälzer Großmetzgerei verdeutlichte Brautsch, wie ein Verbrennungsmotor den Betrieb mit allen für die Produktion notwendigen Energieformen – Strom, Dampf, Wärme und Kälte – versorgen kann.

Ein Motor für alles

In Baugebieten sei es dem Institut für Energietechnik GmbH an der FH gelungen, verschiedene lokale Energiequellen, etwa Sonnenkraft und Biogas, so zu verknüpfen, dass kaum noch von außen Strom bezogen werden müsse. Mit dem aus Biomasse gewonnenen Gas habe man ein speicherbares Kraftpaket, das die Zeiten überbrücken könne, wenn die Sonne nicht scheint. Brautsch plädierte leidenschaftlich dafür, die Biogas-Produktion nicht abzuwürgen. "Wir brauchen sie zur Stabilisierung."

Der Wissenschaftler ging bereitwillig auf eine Äußerung aus dem Publikum ein, die Batterien als Speichermedium als Irrweg bezeichnete. Brautsch würde lieber auf Wasserstoff als "Treibstoff der Zukunft" setzen. Der könne etwa mit dem überschüssigen Strom erzeugt werden, der bislang bezahlt wird, ohne abgenommen zu werden.

Auch der Vorschlag das temporär Zuviel an Strom aus Windkraftanlagen an die Haushalte der Nachbarschaft günstig abzugeben, fand seine Zustimmung. "Damit die auch etwas davon haben, wenn ihnen die Windräder schon vor der Nase gesetzt werden."

Alois Karl machte klar, das die Energiewende ihren Preis kosten werde. Er sieht aber darin auch Chancen für zukunftsträchtige Arbeitsplätze und für Unternehmen. Energieberater würden bald wichtige Multiplikatoren sein, den Schornsteinfegern eröffne sich ein ganz neues Berufsbild und er denke auch an die Unternehmen, die sich mit der Entwicklung von Anlagen und Maschinen unter Nutzung der oder für erneuerbare Energien beschäftigen: Die Firma Burkhardt in Mühlhausen etwa, KW in Freystadt und Max Bögl.

Kohlendioxid-Reduktion

Der Klimaschutz, so Karl weiter, sei ein Auftrag im Sinne künftiger Generationen, auch wenn manche, wie der US-Präsident die Bedrohung des Klimas nicht wahr haben wollten. Die Bundesregierung stehe zu den Eckpunkten ihres Klimaschutzplans. So sollen die Kohlendioxid-Emissionen in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf 550 Millionen Tonnen sogenannter-Kohlendioxid-Äquivalente, also auf 56 Prozent des Wertes von 1990 herunter geschraubt werden.

Große Beiträge dazu müssten die Energiewirtschaft leisten und die Industrie, andere wichtige Sektoren sind Gebäude und Verkehr. Nach dem Ausstieg aus der Kernkraft und absehbar aus der Kohle, werde klar, dass das nur über Erneuerbare Energien zu erreichen sein wird. Dabei gehe es nicht nur um den Ausbau, sondern auch um Transport und Versorgungssicherheit.

Keine Kommentare