Staatsanwältin passt milde Strafe für Drogendealer nicht

22.4.2017, 14:08 Uhr

In der Anklageschrift war von drei Deals im August letzten Jahres die Rede, die sich aus der Auswertung von Chat-Verläufen auf den Handys einiger junger Männer ergeben hatten. Einmal soll es um fünf Gramm Hasch gegangen sein, die der Angeklagte angeblich verticken wollte, dann um den Kauf von neun Gramm und von einem Gramm der weichen Droge. Nur den Erwerb der neun Gramm räumte er ein.

Ganz entschieden stellte er in Abrede, jemals als Verkäufer aufgetreten zu sein, auch wenn dies die Unterhaltung auf den Handys nahelegte. Er habe lediglich versucht, den Kontakt zu einem Dritten herzustellen, der möglicherweise die gewünschte Menge Rauschgift hatte. Er selbst habe keine Drogen besessen. Geklappt habe das Geschäft auch nicht. Und auch der angesprochene Ein-Gramm-Deal sei nicht zustande gekommen.

Richter Würth hatte zunächst Zweifel und erläuterte dem jungen Mann und dessen Pflichtverteidiger Thomas Wegrich die Rechtslage. Danach ist schon der Versuch eines Drogengeschäftes strafbar.

Als Zeugen waren die "Geschäftspartner" geladen. Der eine wurde aus der Justizvollzugsanstalt in Nürnberg vorgeführt, der andere wird demnächst einen Strafbefehl zugestellt bekommen, in dem es auch um Drogendelikte geht. Bei Beiden waren große Gedächtnislücken vorhanden, die sich aus dem zeitlichen Abstand erklärten und dem guten Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen.

Schwierige Kindheit

Die Verteidigung hatte die Freundin des Angeklagten aufgeboten, die beteuerte, das ihr Lebensgefährte nach einer sehr schwierigen Kindheit erst allmählich im Leben Fuß fasse. Von Alkohol und anderen Drogen halte er sich weitgehend fern. Er habe jetzt ein kleines Einkommen und die Aussicht auf eine Ausbildungsstelle, ergänzte Thomas Wegrich.

Der erfrischend geerdete Auftritt der jungen Frau, einer Kinderpflegerin, gefiel auch Richter Rainer Würth. Aber die Frage, warum sie die ganzen "Nägel im Gesicht" trage, gemeint waren Piercings, wollte er sich nicht verkneifen. "Weil es mir gefällt" war die alles erklärende Antwort.

Bewährungshelfer Rudolf Vogel räumte ungeschminkt ein, dass er mit dem jungen Mann anfangs seine liebe Not gehabt habe. Aber in der letzten Zeit habe sich das gebessert und er halte sich weitgehend an die vorgeschriebenen Kontakttermine. Doch noch habe er nicht ganz begriffen, dass er im Arbeitsleben als Ungelernter in der Hierarchie ganz unten stehe, dass ein Arbeitgeber von ihm Pünktlichkeit, Einsatz und Fleiß erwarte. Da stehe ihm noch ein Lernprozess bevor.

Verfahren eingestellt

Nach kurzer Rücksprache mit Staatsanwältin Monique Kunert war Würth bereit, das Verfahren in den Punkten eins und drei einzustellen. So standen noch die neun Gramm Haschisch im Raum, die der 22-Jährige für den Eigenbedarf erworben hatte. Dafür verdiene er eine Haftstrafe von zehn Monaten, fand Kunert, die wegen der sieben, allerdings nicht einschlägigen Vorstrafen nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Sein Verteidiger hielt die Forderung der Staatsanwaltschaft für maßlos überzogen. Er verwies darauf, wie schwierig für seinen Mandanten die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen gewesen sei. Auch Bewährungshelfer Rudolf Vogel hatte schon von einer "typischen Heimkarriere" gesprochen, weil der Angeklagte als Kind von der Mutter mehr oder weniger abgeschoben wurde. Wenn schon Freiheitsentzug, dann auf Bewährung, meinte Wegrich.

Richter Rainer Würth wollte dem jungen Mann nicht noch weitere Steine in den Weg legen und verzichtete auf eine Freiheitsstrafe. Eine Geldstrafe von 50 mal 15 Euro, zahlbar in zehn Raten, sollte seiner Ansicht nach als letzter Schuss vor den Bug ausreichen. Die Verteidigung und der 22-Jährige akzeptierten dieses milde Urteil selbstredend, doch Staatsanwältin Monique Kunert behielt es sich vor, dagegen Berufung einzulegen. Dem Angeklagten stehen also noch einige Tage Zittern bevor.