Streit im Bus soll eskaliert sein

15.6.2018, 10:42 Uhr
Das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde eingestellt.

Das Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde eingestellt.

Der Doppeldeckerbus war auf dem Weg von England nach Rumänien. Im oberen Teil des Busses herrschte schlechte Stimmung: Weil die Fähre von England nach Belgien nicht rechtzeitig bereitgestellt worden war, hatte sich die Fahrt deutlich verzögert. Und da die Toilette im Bus nicht funktionierte, musste oft Rast gemacht werden.

Einige offensichtlich betrunkene Männer im Oberdeck schimpften immer lauter und unflätiger über das rumänische Reiseunternehmen. Im Bus waren zwei Fahrer, die sich am Steuer abwechselten. Derjenige, der gerade pausierte, ging nach oben, um die Fahrgäste zu beruhigen – und bekam deren Unmut heftig zu spüren.

Zunächst soll ein 29-jähriger Rumäne seinem Landsmann drei Faustschläge gegen die linke Schläfe verpasst haben. Dann hielt er laut den Ermittlungsergebnissen den Fahrer fest, während ein 35 Jahre alter Landsmann ein Messer zog und versuchte, den 38 Jahre alten Kraftfahrer damit anzugreifen. Dabei soll er gedroht haben, den Fahrer "umzubringen" oder "abzustechen".

Doch schließlich, so die Anklage, hielten andere Fahrgäste den Mann mit dem Messer zurück. Der Bus blieb an der nächsten Raststätte stehen, irgendjemand rief die Polizei, die die beiden mutmaßlichen Täter festnahm. Sie sitzen seit diesem Tag in U-Haft.

Als es zu dem Vorfall kam, war der Bus gerade im Landkreis Neumarkt, zwischen Parsberg und Beratzhausen, unterwegs. Deshalb übernahm die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth den Fall und klagte die beiden Rumänen wegen gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlichen versuchten Totschlags an.

Jetzt, ein Dreivierteljahr später, müssen sich die Männer im Alter von 29 und 35 Jahren vor der 19. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworten. Der Jüngere (Verteidiger: Maximilian Bär), der den Busfahrer mit Faustschlägen traktiert haben soll, macht einstweilen von seinem Schweigerecht Gebrauch.

Für den 35-Jährigen hingegen, der versucht haben soll, mit dem Messer zuzustechen, verliest Rechtsanwalt Tobias Schmidt eine Erklärung: Er sei mit Verwandten auf der Rückreise von Belgien – dort arbeitete er als Erntehelfer – in sein Heimatland gewesen. Auf der Fahrt habe er die meiste Zeit geschlafen und irgendwann mitbekommen, dass andere sich beschwerten. Er habe gesehen, wie sein Mitangeklagter – den er bei dieser Busfahrt erstmals gesehen habe – den Busfahrer am Hals packte. Als er schlichtend eingreifen wollte, habe ihn sein Cousin zurückgehalten.

Später, als der Bus anhielt und die Polizei kam, habe der attackierte Busfahrer auf ihn gedeutet. Das mutmaßliche Tatmesser (Klingenlänge 9,5 Zentimeter), das die Polizisten an der Raststätte aus einem Mülleimer zogen, kenne er nicht. Er habe auf der Fahrt lediglich ein kleines, stumpfes Messer dabeigehabt, mit dem er sich Brote geschmiert habe.

Der angegriffene Busfahrer, für seine Zeugenaussage extra aus Rumänien angereist, glaubt die beiden Täter im Gerichtssaal wiederzuerkennen. Allerdings schwächt er die Vorwürfe, die in der Anklageschrift stehen, deutlich ab: Statt von Faustschlägen spricht er nun davon, an der Schläfe "gestreift" worden zu sein. Das Messer, mit dem er angeblich angegriffen wurde, habe er gar nicht gesehen. Und auch an Todesdrohungen während der versuchten Messerattacke kann er sich heute nicht mehr erinnern.

Weil der 38-jährige Busfahrer kein Deutsch spricht, dolmetschte eine Mitfahrerin bei seiner polizeilichen Vernehmung auf dem Rastplatz. Übersetzte sie seine Aussagen falsch? Das Gericht wollte zunächst versuchen, weitere Passagiere des Busses ausfindig zu machen, um Licht ins Dunkel zu bringen, aber am Ende wurde das Verfahren eingestellt.