Vom Freund geschlagen und gefesselt — oder doch nicht?

5.10.2017, 10:24 Uhr
Die Geschädigte gab bei der Poliszei an, ihr Lebensgefährte hätte sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Vor Gericht änderte sie ihre Aussage.

© dpa Die Geschädigte gab bei der Poliszei an, ihr Lebensgefährte hätte sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Vor Gericht änderte sie ihre Aussage.

Was in der Anklage unter schwerer Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Bedrohung zusammengefasst ist, liest sich dabei wie ein Auszug aus einer Horrorgeschichte. So gab die Geschädigte kurz nach der Tat bei der Polizei zu Protokoll, dass sie mit ihrem Lebensgefährten nach einem alkoholgetränkten Abend heftig gestritten habe.

Dieser habe ihr dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sie mit Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, ihr den Mund verklebt und sie in das von ihm verwüstete Badezimmer der gemeinsamen Wohnung gesperrt.

Dort habe der 48-jährige Angeklagte seine Freundin in am Boden liegende Scherben gedrückt und anschließend bis zum Abend des nächsten Tages liegen lassen, ohne dass sie etwas zu essen oder trinken hatte. Außerdem habe er dabei gedroht, sie dort sterben zu lassen, wenn sie das Badezimmer nicht wieder aufräumen würde.

Der Angeklagte gesteht die Schreckenstat ohne Zögern. Seine Freundin sei Alkoholikerin, erzählt er, und habe am Tatabend schon wieder einige Gläser Wodka zu sich genommen. Sie hätten sich darum gestritten, dass sie an diesem Abend nicht mehr Auto fahren solle. Dabei sei der Streit dann eskaliert. Die Lebensgefährtin selbst gibt die Geschehnisse jedoch etwas anders wieder. Sie bestreitet nicht nur, dass der Angeklagte sie mit der Faust geschlagen habe. Auch den Vorwurf, der 48-Jährige habe sie am Abend gefesselt im Badezimmer eingesperrt, nimmt sie zurück.

Schließlich habe sie der Mann dort nicht absichtlich in die am Borden liegenden Scherben gedrückt, sie sei im alkoholisierten Zustand lediglich gestürzt.

Dass es darum gegangen sei, dass sie noch im betrunkenen Zustand Auto fahren wollte, bestreitet die Zeugin dagegen. Insgesamt weicht die Version der 50-Jährigen deutlich von ihrer ursprünglichen Aussage ab. Da passt es ins Bild, dass sich die beiden schon ein paar Tage nach der Tat wieder ausgesprochen und vertragen hätten. Tatsächlich waren die beiden schon bald wieder in die gemeinsame Wohnung gezogen.

Eine schwierige Aufgabe für Richter Rainer Würth und die zwei Schöffen, hier zwischen Wahrheit und nachträglicher Schönrederei zu unterscheiden. "Sie tun meinem Mandanten keinen Gefallen, wenn Sie hier Sachen hinzuerfinden oder weglassen", mahnt auch Markus Meier, der Anwalt des Angeklagten, die Zeugin.

Diese besteht weiterhin auf ihrer Aussage und gibt an, bei der Polizeiaussage einfach sehr nervös gewesen zu sein. Von den Anklagepunkten können deshalb schließlich nur die gefährliche Körperverletzung sowie die Freiheitsberaubung nachgewiesen werden.

Der Angeklagte wird nach kurzer Beratung der Richter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Zudem erhält er eine Geldauflage von 1500 Euro, die er in Raten zu je 75 Euro abzahlen kann.

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