War eine mehrfache Vergewaltigung nur erfunden?

30.9.2015, 17:15 Uhr

Angeklagt war nicht der angebliche Täter, sondern sein angebliches Opfer. Der Frau wird „falsche Verdächtigung“ vorgeworfen. Sie hatte den Bekannten der Familie angezeigt, diese Aussage aber später widerrufen, den Widerruf aber vor Gericht wieder kassiert.

Um Licht ins Dunkel zu bringen, setzte Danny Schaller für 21. Oktober einen zweiten Verhandlungstag an, bei dem weitere Zeugen gehört werden sollen. Am ersten Vrehandlungstag  sagten die ermittelnden Kriminalbeamten aus, die erhebliche Zweifel haben, dass sich die Vergewaltigungen zugetragen haben. Die Kinder- und Jugend-Psychotherapeutin, bei der das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer in Behandlung ist, glaubt ihrer Patientin.

Laut Staatsanwältin Laura Heinz hatte die junge Frau, nachdem sie sich einer Freundin anvertraut hatte, auf deren Anraten Anzeige bei der Polizei erstattet. Der „Onkel“ sei in Abständen von vier bis sechs Wochen immer dann bei ihr Zuhause aufgetaucht, wenn Vater und Mutter nicht anwesend waren. Mit Drohungen habe er sie gefügig gemacht und auch einmal mit einer scharfen Klinge in die Handinnenfläche geritzt, als sie nicht das tat , was er wollte. Bei der Vergewaltigung im Schlafzimmer der Eltern habe er stets ein Kondom benutzt, das er dann mitgenommen habe, wenn er praktisch wortlos verschwunden sei.

Glaubwürdig gewirkt

Eine Kripo-Beamtin schilderte das Gespräch mit der jungen Frau als ausgesprochen zähe Angelegenheit. Ihr habe jedes Wort mühsam abgerungen werden müssen. Manche Begriffe aus dem sexuellen Bereich habe sie gar nicht sagen, sondern nur schreiben können. Gerade das habe auf sie glaubwürdig gewirkt, erklärte die Polizistin. Sie habe einen sehr verschreckten Eindruck gemacht und sei arg darauf bedacht gewesen, dem Elternhaus keine Probleme zu bereiten. Sie habe darum gebeten, dass Vater und Mutter raus gehalten werden sollten; was im Fall einer im Raum stehenden Vergewaltigung aber nicht möglich gewesen sei.

Dann aber hätten sich einige Ungereimtheiten aufgetan. So habe die junge Frau von einem Freund erzählt, den es in Wirklichkeit gar nicht gebe, und auch einige zeitliche Abläufe hätten so einfach nicht stimmen können, weil der beschuldigte Mann in einem Fall nachweislich bei der Arbeit gewesen sei.

Daraufhin wurde aus dem möglichen Opfer eine mögliche Täterin. In einem zweiten Verhör sei sie damit konfrontiert worden, dass sie nunmehr als Beschuldigte behandelt werde, es ihr frei stehe, Aussagen zu machen und einen Anwalt hinzu zu ziehen. Im ersten Verhör war ihr eine Opferanwältin zur Seite gestanden. Laut Protokoll der beiden vernehmenden Beamten habe die junge Frau dann zugegeben, die Vergewaltigungen erfunden zu haben. Ihr sei das Verhalten des Bekannten, der immer gleich auf Tuchfühlung gehe, zuwider gewesen.

Von Polizei eingeschüchtert?

Vor Gericht war es trotz ermunternder Bemühungen von Richter und Staatsanwältin nahezu unmöglich, die Angeklagte zu Aussagen zu bewegen. Jedes Wort von ihr sei doch wichtig, um die Wahrheit herauszufinden. Ihr Rechtsanwalt Gunther Kellermann entlockte ihr mühsam, dass sie sich von den Polizisten eingeschüchtert gefühlt habe. Deshalb habe sie den Rückzieher gemacht. Doch tatsächlich stimme alles so, wie sie es im ersten Gespräch mit der Polizei geschildert habe.

Ihre Psychotherapeutin hat keinen Zweifel, dass es wirklich zu den Vergewaltigungen gekommen ist. Ihre Patientin sei verstört, verschreckt und tief traumatisiert. Sie könne kaum über das Vorgefallene reden. Ganz entscheidend für ihre Beurteilung sei das typische Verhalten, keine Wut auf den Täter zu empfinden, sondern sich selbst als wertlos zu verachten. Sie gebe sich selbst die Schuld an dem, was ihr angetan wurde und vor allem, dass diese Schande ihre Eltern belaste.

Die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Presse durfte unter der Auflage bleiben, die Identität der Beteiligten zu anonymisieren.

Keine Kommentare