Wenn Paulchen den schwarzen Schnabel reckt

21.9.2013, 09:30 Uhr
Wenn Paulchen den schwarzen Schnabel reckt

© Bösl

Dabei hat Rita Götz im Moment wirklich ordentlich zu tun: Die 51-Jährige macht gerade ihren Meister in Hauswirtschaft und nimmt sich jeden Tag ein gewisses Lernpensum vor. Im Moment befasst sie sich mit ihrem Projekt, einem Teil der Meisterprüfung, für das P-Seminar am Willibald-Gluck-Gymnasium zum Thema Nachhaltigkeit in diesem Schuljahr zwei Nachmittage zu gestalten.

Wenn Paulchen den schwarzen Schnabel reckt

Um Nahrungszubereitung wird es da gehen: Nach verschiedenen Rezepten kochen sich die Schüler Zucchinipuffer und selbst geröstetes Müsli, Lachs auf Gemüsebett und andere Köstlichkeiten. Dazu lernen sie, dass man nichts wegwerfen muss, wenn man beim Kochen die Reste vom Vortag mitverwendet, und wie leicht es möglich ist, Rezepte und Grundnahrungsmittel zu variieren.

Meisterliche Kurse

Gerade für Gymnasiasten, meint Götz, sei das wichtig, für die es keinen Hauswirtschafts- oder Handarbeitsunterricht mehr gebe, damit im Studentenhaushalt nicht nur Tiefkühlpizza und Dosenkost aufgetischt wird. Ihr ist es ein Herzensanliegen, anderen nahezubringen, dass man mit dem, was die Natur hier in der Region bietet, das ganze Jahr über etwas anfangen kann: Kochen oder einmachen, basteln oder backen — die Liste wäre noch lang.

Auch dafür macht sie ihren Meister. Als Ernährungsfachfrau und als stellvertretende Kreisbäuerin gibt sie immer wieder Kurse, als Meisterin, weiß sie, könnte sie mit ihren Kolleginnen von den Landfrauen noch mehr auf die Beine stellen. Angebote für Kindergarten- und für Schulkinder, für Erwachsene und Senioren: Für jedes Alter hat sie Ideen. Rita und Andreas Götz leben in Thannhausen, direkt neben dem inzwischen sanierten und vermieteten Elternhaus von Rita Götz, die beiden Kinder sind erwachsen und studieren. Rita Götz arbeitet viel im großen Gemüsegarten, kümmert sich um die prächtigen Blumen und um die Gänse, Hühner und die vier Schweine.

Ganter Paulchen ist ein besonderes Tier, nicht nur wegen seines schwarzen Schnabels: Ihn hat Andreas Götz sozusagen ausgebrütet, im neuen Brutapparat, in dem konstant warme Temperatur herrscht. „Die Eier muss man täglich umdrehen, und nach 21 Tagen sind die Küken dann geschlüpft.“ Gänse erleben das „Tier“, das sich als erstes nach dem Schlüpfen um sie kümmert, als Elternteil — so haben Andreas und Rita Götz flaumigen Nachwuchs bekommen.

Gemeinsam bestellen die Götzens auch die fünf Hektar Fläche, auf denen im Moment Blühbrache ist, wo sonst aber auch Getreide, Raps oder Kartoffeln wachsen. Eine große Photovoltaik-Anlage auf einer Garage dreht sich mit der Sonne, die hat Andreas Götz – er ist Ausbildungsleiter bei Pfleiderer — selbst entworfen und gebaut. Viel im und um das Haus ist selbst gemacht, selbst gestaltet.

Das Ehepaar verbindet die Freude am Kreativen, und so zieren Luna und Aphrodite, zwei Metall-Skulpturen, den Garten, im Haus hängen viele von Rita Götz‘ Bildern. Einen Ausgleich zu ihren Arbeitspflichten findet Rita Götz in der Kunst, aber auch in der Musik, beim Trommeln und Singen: Sie singt im Berngauer Rhythmuschor, vor allem moderne geistliche Lieder gehören zum Repertoire. „Wenn ich zum Singen gehe, ist alles andere weit weg“, sagt Rita Götz. Außerdem sei sie „a bissl a Hex“, sagt sie über sich selbst: Sie setzt Öl mit Ringelblumen oder Johanniskraut an, auf einem Kissen mit getrockneten Hopfen, der üppig an einem Hauseck nach oben wächst, schlafe man besonders gut, mit Minze und Salz bereitet sie Badezusätze zu. Sie weiß die Gaben der Natur zu nützen und möchte das Wissen darüber, das auch auf dem Land nicht mehr selbstverständlich vermittelt wird, gerne weitergeben.

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