Fahrerflucht vor Gericht: Kleiner Kratzer, große Wirkung

21.2.2018, 10:07 Uhr
Fahrerflucht vor Gericht: Kleiner Kratzer, große Wirkung

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Der Vorwurf lautete auf unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Der Unfall war lediglich ein Malheur beim Einsteigen. Die Fahrertür des 39 Jahre alten Türken hatte die rechte hintere Tür eines anderen Wagens touchiert. Dessen Fahrer hatte das beobachtet und war spornstreichs zur Polizei gefahren, um Anzeige zu erstatten. Von einem Schaden von geschätzten 1000 Euro an dem Leihwagen war die Rede.

Er hätte den Fahrer des anderen Wagens, der nach ihm in die Parklücke links neben ihm gefahren war, gebeten, nochmal zurück zu stoßen, weil er sonst nicht in sein Cabrio komme. Das habe dieser abgelehnt. Also musste er sich hinters Steuer zwängen. Bei seiner Figur ein sehr sportliches Unterfangen. Er habe die Seitenscheibe herunter gefahren, um auf den Sitz zu kommen. Kann sein, dass dabei der Wagen links daneben versehentlich berührt wurde.

Dazu hätte Richter Rainer Würth den Anzeige-Erstatter gern selbst befragt, aber der war zum vereinbarten Termin nicht erschienen. Erst eineinhalb Stunden später trudelte er ein und entschuldigte sich damit, dass er den Tag verwechselt habe. "Sie haben großes Glück", knurrte ein sichtlich angefressener Rainer Würth, "dass Sie so einen gütigen Richter gefunden haben. Das hätte sie eine Stange Geld kosten können." Denn, wenn durch sein Verschulden die Verhandlung neu angesetzte hätte werden müssen, hätte der 27-Jährige für die deswegen anfallenden Kosten gerade stehen müssen. Siehe Reisewege.

So aber durfte er mit reichlich Verspätung seine Version der Geschichte schildern. Er habe tatsächlich etwas zu dicht eingeparkt, aber die Aufforderung des 39-Jährigen sei so grob formuliert gewesen, dass er auf stur geschaltet habe. Die Reaktion des Angeklagten fiel dann angeblich ähnlich dickköpfig aus. Er habe die Tür seines Cabrio mit Wucht aufgeknallt. Das will der Zeuge aus 50 Metern beobachtet haben. Dann korrigierte er den Abstand auf 20 Meter.

Richter Rainer Würth unterbrach die Verhandlung und bat Verteidiger Björn Rüschenbaum und Staatsanwaltschaftsvertreter Thomas Leykam zu einem Rechtsgespräch.

Daraus ergab sich der Antrag der Staatsanwaltschaft, den Strafbefehl von 90 Tagessätzen zu 30 Euro und zwei Monaten Fahrverbot aufzuheben. Das Fahrverbot könne fallen gelassen werden, die Zahl der Tagessätze auf 60 vermindert. Rüschenbaum schloss sich dem an, ebenso Richter Würth.

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