Wildschweine machen Jäger zu Sklaven

20.9.2014, 06:00 Uhr
Wildschweine machen Jäger zu Sklaven

© Foto: Böhm

„Da bist du über Wochen hinweg ein Sklave deiner Jagd“ sinniert Johann Pirzer, der das Mittelstück der Gemeinschaftsjagd von Emhof bis Schmidmühlen betreut. Jede Nacht sind die Jäger jetzt unterwegs, um die Schäden in den Maisäckern entlang des Truppenübungsplatzes Hohenfels – angefangen von Pettenhof unterhalb von Emhof bis zum Brunnhof in Richtung Adertshausen – zu verhindern.

Doch die Wildschweinrotten drücken gewaltig ins Schlaraffenland Maisacker nach. Das sind gut neun Kilometer „Grenze“ in den Talauen.

„Wir sitzen nachts auf Lauschkanzeln im Maisacker, um die anrückenden Schwarzkittel zu hören“. Wann sie allerdings kommen ist nie einzuschätzen. Kommen sie schon um zehn Uhr Abends oder gar erst in den frühen Morgenstunden, das ist die Gretchenfrage, meint er.

Für Mitpächter Johann Pirzer hat sich in den vergangenen Tagen noch eine zweite Front aufgetan, denn gleich am Ortsrand von Schmidmühlen in Richtung Ofen und Hammerberg sind jetzt die Sauen aufgetaucht und haben klassische Nester in den Mais gedrückt.

Mehrere Kilometer Elektrozaun hat sein Jagdkollege Alfred Geitner im Lauterachtal gespannt, um den feinfühligen Borstentieren den Zugang ins El Dorado Maisacker zu erschweren. Aber: „Sitzen wir hier, dann kommen die Viecher ganz bestimmt einen Kilometer weiter droben raus“. Eine Bache mit bis zu zehn Frischlingen ist da nichts Außergewöhnliches, erzählt er beim Abgehen des elektrisch geladenen Zaunes.

In den letzten Wochen hat der Run auf die Maisäcker in der Region ganz besonders eklatant zugenommen. Gründe sehen die Waidmänner im regenreichen Monat August und in der starken Ausbildung der Maiskolben. „Maishöhen von knapp drei Meter sind rund um den Truppenübungsplatz heuer keine Seltenheit“, erzählt Karl Fochtner.

Manchmal kommen die Wildschweine sogar bis in die Ortsränder, hat Mitjäger Otto Schmalzbauer beobachtet. „Wenn die Leute die Rollos runterlassen, sind sie schon in den Vorgärten“.

Auch alte Hausmittel gegen Wildschweine kommen immer wieder zum Einsatz, erzählt Karl Fochtner. „Das sind Menschenhaare, Lichtquellen und Urinsteine, die von uns ausgebracht werden“. Als sehr hilfreich sehen es die Jäger, wenn die Landwirte bereit sind, Kreuze in den Maisacker zu mähen, um ein besseres Schussfeld in alle Richtungen zu haben. Dazu kommen unregelmäßige Beschallungen und fahrbare Kanzeln. „Flussläufe wie die Vils und die Lauterach stellen für die Wildschweine kein Hindernis dar, die werden durchschwommen“. Zehn bis fünfzehn Kilometer „Nachtmarsch“ sind für die Sauen kein Problem, fügt er an.

Auf weiterhin gute Unterstützung durch die Landwirte hoffen die Waidleute in den nächsten Wochen, bis mit der Maisernte begonnen wird. „Die meisten Landwirte sehen, dass wir sehr viel tun, um diese Art von Wildschäden zu vermeiden“. Aber es ist nicht bei allen Landwirten so, wie wir uns die Unterstützung vorstellen. Wir schätzen es sehr, wenn uns die Landwirte mit dem Freihalten von Randflächen für die Einzäunung unterstützen. Aber es ist unmöglich, trotz aller eingeleiteten Maßnahmen Wildschäden am Truppenübungsplatzrand zu verhindern“, unterstreicht Karl Fochtner.

„Waidmannsheil“ ruft vom Fünf-Flüsse-Radweg jemand den Schmidmühlener Jägern am Rande des Maisfeldes zu. „Waidmannsgeheul müsste man in diesen Tagen sagen“, murmelt Alfred Geitner in seinen Bartansatz. Es stellt sich heraus, das der vorbeikommende Radler Heinz Schmid selbst Jäger ist. Er erzählt, dass er seit fast 40 Jahren im Schwandorfer Raum bei Siegenthann und Pittersberg der Jägerei gefrönt hat. Er kennt das leidige Thema der Wildschäden sehr genau, die auch mit größtem Einsatz nicht zu verhindern sind. „Die Jäger sind zwar in gewisser Weise alle Nachtmenschen, aber irgendwie hat man auch noch andere Verpflichtungen zu erfüllen“, da sind sie sich einig.

So zählt eben nicht nur die Jägerschaft in Schmidmühlen weiter jede Nacht, bis die Maisernte beginnt, zumal sich schon eine Schmidmühlener Bürgerin durch die Beschallung in ihrer Nachtruhe gestört gefühlt hat.

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