Witwe mit vier Kindern droht Abschiebung in den Kosovo

2.6.2016, 10:00 Uhr
Witwe mit vier Kindern droht Abschiebung in den Kosovo

© Foto: Andrè De Geare

Zwei Wochen vor der Flucht aus dem Kosovo ist der Ehemann von Fatmire D. (41) verstorben. Die schwangere Frau kam mit ihren drei kleinen Kindern nach Deutschland und hat hier einen Asylantrag gestellt — ohne Erfolg. Heute lebt die Kosovarin mit ihren vier Söhnen im Alter von zwei, drei, acht und neun Jahren in Neumarkt. Die beiden jüngsten Knaben besuchen einen Kindergarten, die älteren Kinder die Grundschule in der Bräugasse.

Doch das Leben der Familie in Neumarkt soll nun abrupt enden: Nach Angaben von Rechtsanwalt Bernd Söhnlein haben Fatmire D. und ihre Kinder von der Ausländerbehörde des Landratsamtes die Aufforderung erhalten, unverzüglich Deutschland zu verlassen. Für den Anwalt ist das ein „tragischer Fall, menschlich gesehen sehr grenzwertig“. Vor allem für die Kinder sei eine Abschiebung schlimm, weil die Familie bestens integriert sei und von vielen Neumarktern unterstützt werde. Söhnlein: „Die Kinder können nicht einmal das Schuljahr fertigmachen.“

Klage erfolglos

Dabei will Rechtsanwalt Bernd Söhnlein dem Ausländeramt gar keine Vorwürfe machen: „Das Landratsamt hat versucht auszuschöpfen, was geht.“ Der Jurist beschreibt die Odyssee der Familie durch die Instanzen.

Fatmire D. und ihre Kinder seien aufgrund eines Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge „vollziehbar ausreisepflichtig“. Eine Klage gegen diesen Bescheid sei erfolglos gewesen, weil Asylgründe nicht vorlägen und es auch keine Abschiebehindernisse gebe. Der Anwalt: „Wir konnten nicht belegen, dass es im Kosovo eine konkrete Lebens- oder Gesundheitsgefahr gibt.“

Der Richter am Verwaltungsgericht in Regensburg habe trotz der Klageabweisung großes Verständnis für die Situation der Familie gezeigt und geraten, der Anwalt möge sich für seine Mandanten an die Härtefall-Kommission der bayerischen Staatsregierung wenden. Doch dazu sei es nicht gekommen, weil es nicht gelungen sei, ein Kommissionsmitglied dazu zu bewegen, den Fall von Fatmire D. aufzugreifen.

Danach hat Rechtsanwalt Bernd Söhnlein bei der Ausländerbehörde den Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung aus „humanitären Gründen“ gestellt — und wieder eine Ablehnung erhalten. Es gebe keinen Ermessensspielraum, hieß es.  Am Ende schickte der Neumarkter Anwalt auch noch eine Petition an den bayerischen Landtag — auch das ohne Erfolg. Der Jurist sieht den ausländerpolitischen Hintergrund im Freistaat: Bayern versuche, Flüchtlinge aus dem Westbalkan vorrangig und schnell abzuschieben.

Söhnlein hat nun Fatmire D. empfohlen, freiwillig das Land zu verlassen und von ihrem Heimatland aus zu versuchen, legal mit einem Visum wieder nach Deutschland einzureisen. Dafür sieht der Leiter der Neumarkter Ausländerbehörde, Lothar Kraus, grundsätzlich eine Chance. Wenn die Frau mit ihren vier Kindern zwangsweise in ein Flugzeug gesetzt werde, dann müsse sie die Abschiebekosten tragen und werde vielleicht mit einer Einreisesperre belegt, erklärte der Anwalt. „Sie muss erst ihren Aufenthalt legalisieren“, so Söhnlein.

Der Rechtsanwalt beschreibt im NN-Gespräch eine „faktische Möglichkeit“: Vielleicht könnte das Landratsamt die angeordnete Abschiebung der Familie vorerst nicht vollziehen. Doch dafür sieht Behördenleiter Kraus keinen Spielraum: Der Fall sei bei den oberen Instanzen bekannt — deshalb müsse er bald einen Vollzug melden.

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