Zeitlose Botschaft des Werkes von Käthe Kollwitz

22.10.2018, 10:40 Uhr
Zeitlose Botschaft des Werkes von Käthe Kollwitz

© Foto: Michael Müller

Siebzehn Minuten, kündigte Katharina Koselleck an, würde ihr Vortrag dauern – dabei blieb es auch. "Ein Stück lebendiger Geschichte" sei das Leben von Käthe Kollwitz gewesen, damals auch mit den Anfängen in einer gutbürgerlichen Familie in Ostpreußen. Der gab der Großvater mit auf den Weg: "Wer nach der Wahrheit, die er bekennt, nicht selbst lebt, ist der größte Feind der Wahrheit" – für die junge Käthe in Königsberg einer der wichtigsten Wegweiser ihres Lebens.

Das eigene bürgerliche Leben sei ihr, so Koselleck, zu "pedantisch" erschienen, den Arbeitern am Königsberger Hafen galt ihr Interesse. Später dann den "Tragödien des Großstadtlebens", die sie hautnah in der Berliner Arztpraxis ihres Mannes kennenlernte und portraitierte. Genauso wie den Weber-Aufstand Mitte des 19. Jahrhunderts in Schlesien, über den Gerhart Hauptmann sein wichtigstes Drama geschrieben hatte. Die Mappe der Kollwitz war eine der provokanten Sensationen im Berliner Kaiserreichs-Kunstleben.

Da stand die Kollwitz um die Jahrhundertwende auf einem ersten Höhepunkt ihres Schaffens: angeregt, provoziert durch die Realität des wirklichen Lebens der einfachen Leute. Wichtige Werke, auch der Neumarkter Ausstellung und in den Kölner Beständen, seien damals entstanden, so Koselleck. Sie lobte besonders die Entscheidung von Pia Dornacher und des MLF, sich für das Kollwitz-Thema "Paare, verbunden in Liebe und Schmerz" zu entscheiden: Hier würde der "künstlerische Ausdruck von Emotionen" am deutlichsten sichtbar – in verschränkten Händen, in sich aneinander schmiegenden Körpern, im Schutz der Mutter für ihr Kind.

Der prägnante und sich an der Chronologie orientierende Vortrag streifte die Wende der Kollwitz zum Pazifismus, die Wende der nun demokratischen Weimarer Kulturpolitik: durch das alles sei die Kollwitz zu einer "öffentlichen Person" geworden. Ihre Themen wurden auch im einst verfeindeten Ausland verstanden. "So sieht eine deutsche Mutter nicht aus" wie auf den Bildern der Kollwitz, polemisierte die NS-Kunstpolitik, entfernte die Künstlerin aus der Preußischen Akademie, aus dem öffentlichen Kunstleben. Mit Recht stellte Koselleck die kleine Kollwitz-Plastik "Der Abschied" in den Mittelpunkt ihrer weiteren Betrachtungen: 1940 an der Schwelle "zwischen Leben und Tod" – "erschütternd". In der Hoffnung, dass es irgendwann mit "allem Krieg" zu Ende sein werde, sei die Kollwitz 1945 und nach Kriegsende gestorben.

Friedliche Zukunft

Überall verständlich und zeitlos gültig sei die Botschaft ihres Werks geblieben und die Aufforderung, an einer friedlichen Zukunft mitzuwirken: Koselleck schloss pünktlich und überließ Landrat Willibald Gailler die Eröffnung einer besonders heute wichtigen Ausstellung dieser Darstellerin, "feinsinniger Beobachterin zwischenmenschlicher Beziehungen".

Ein erster individueller Rundgang, dann die gemeinsame Führung durch Koselleck und Dornacher schlossen sich an, in den nächsten Wochen ein wiederum vielgestaltiges museumspädagogisches Vermittlungsprogramm des MLF-Teams.

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