Politischer Aschermittwoch der UWG in Uehlfeld
2.3.2017, 19:07 UhrDies geschah im Wildschweinzimmer des Uehlfelder Gasthauses Prechtel mit dem Versprechen des UWG-Vorsitzenden Helmut Reiß, sich "nicht entsprechend aufzuführen". Allerdings durften seiner Meinung nach bei einer solchen Veranstaltung nicht nur die Matjes gut gewürzt sein – "in einem Zeitalter des Regulierungswahnsinns und der Bürokratie, die uns eines Tages umbringen werden".
Um so wichtiger wähnte es denn auch die Zirndorfer Stadträtin Elke Eder, dass in den Bundestag die Freien Wähler gehörten, die die Bürgeranliegen ernst nähmen und sie beharrlich verträten. Dafür will sie als Bundestagskandidatin mit beitragen, die für eine buntere Parteienlandschaft und ein "starkes Orange" im Bundestag mit den Freien Wählern warb, die zeigten, "dass es eine Alternative gibt, die nicht rechts, sondern in der Mitte steht."
"Toter Ort droht"
Dass es ab sofort keine Unfälle mehr auf der stark frequentierten B470 geben dürften, da sie gegen den Verbotskatalog des Wasserschutzes verstießen, blieb gegen ein "größenwahnsinniges" Schutzgebiet nur noch die Satire mit dem bitteren Schluss von Gemeinderat Walter Prechtel, dass mit Bauverboten und vielen anderen Einschränkungen "ein toter Ort droht". Da beim gestrengen Wasserschutz auch ein Friedhof zum Problem werden könne, dürfe konsequenterweise auch nicht mehr gestorben werden.
Rednern und Gästen gefror bei diesen Vorstellungen allerdings ein gequältes Lächeln, weshalb man mit Klagen das Schlimmste abwehren will. Dies sollte nach Einschätzung der Landtagsabgeordneten Gabi Schmidt auch mit einem eigenen Zweckverband Unterer Aischgrund möglich sein. Nicht nur sie wollte es nicht verstehen, warum die Fernwasserversorgung Franken das Uehlfelder Wasser Jahrzehnte lang anstandslos verkaufen konnte, jetzt aber nicht ausreichend geschützt sieht.
Revitalisierung des Kernortes
Prechtel sprach den anstehenden Rathausumbau sowie die Dorferneuerung Voggendorf an und setzte Hoffnungen in eine Revitalisierung des Kernortes mit den Chancen der innerörtlichen Entwicklung durch ein großes Baugebiet, was bei besorgniserregendem "Bröseln des Gewerbes" auch dringend nötig sei. Dass man mit einer von der Gemeinde gebauten Praxis die Hausarztversorgung zu einem glücklichen Ende gebracht habe, taugt nach Einschätzung des Gemeinderates des Bürgerblocks "nicht zum Modell des Wettbewerbes unter den Gemeinden". Hier sei vielmehr der Staat gefordert.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag und Bürgermeister Reinhard Streng hingegen setzte in seinem rhetorisch ausgefeilten Seminarvortrag über den "Langenfelder Weg zur Vision gleichwertiger Lebensbedingungen" vor allem auf die Selbstheilungskräfte der Kommunen, um eine intakte Infrastruktur von Nahversorgung, ÖPNV und (pflegender) Gesundheitsvorsorge in "flexiblen Gemischtwarenlösungen" zu schaffen. Um das Land zu beleben, könnten sich die Kommunen nicht auf einen Verfassungsartikel verlassen, sondern müssten "volles Risiko gehen", wobei sie sich auf die Kreativität, Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Menschen in der langen Tradition der Selbst- und Nachbarschaftshilfe verlassen könnten.
Kein Anlass, sich feiern zu lassen
Zur fortgeschrittenen Zeit beschränkte sich die Landtagsabgeordnete Gabi Schmidt auf ein paar Schwerpunkte, prangerte dabei die Präsentation von Förderbescheiden oder prestigeträchtigen Einweihungen von Staatsstraßen an. Im ersten Fall verteile der Staat keine Geschenke, sondern gebe den Menschen ihre Steuergelder zurück, im zweiten erfülle er seine Pflicht des Straßenunterhaltes; also ebenfalls kein Anlass sich feiern zu lassen. Schmidt plädierte für mehr Gestaltungsfreiheit statt der Regulierungen bis ins kleinste Detail, wollte die Selbstverwaltung der Kommunen gestärkt und das Land bei der Kultur- und Bildungspolitik gleichwertig behandelt sehen.
Man erbringe bei der Saat und beim Anbau großartige Leistungen, verstehe sich bei den Freien Wählern aber nicht so gut aufs Ernten, meinte Schmidt unter anderem mit dem Blick auf abgeschaffte Studiengebühren und Büchergelder oder das ins Wanken geratene G8. Das Gründerzentrum könne man direkt neben die FH stellen, zog sie süffisant Parallelen zwischen den diversen Wahlprogrammen und zeigte sich gespannt, ob nun ein Zentrum für Medizin und Tourismus "kommen däten däte".
Raum mit Handlungsbedarf
Das machte auch UWG-Vorsitzender Reiß zum Thema, der den Landkreis mit den geringsten Verdiensten, den wenigsten hochqualifizierten Arbeitsplätzen und am Ende des Steuerkraft-Rankings in die Nähe des einstigen Grenzlandgebietes rückte, also nicht von ungefähr als "Raum mit besonderem Handlungsbedarf" eingestuft sah. Die damit verbundenen Gelder stünden dieser Region zu, seien also keine Wohltaten des Staates.
Den rief er insbesondere zur Sicherung der Gesundheitsversorgung in die Pflicht, sorgte sich bei Betriebsdefiziten von 2,5 Millionen Euro im letzten und 3,5 Millionen Euro im laufenden Jahr um den längerfristigen Bestand der Klinik. Dass von 2000 nur noch 700 Kliniken übrig bleiben und ein Radius von 70 Kilometern als zumutbar gelten sollten, lasse erahnen, was das für den Kreis bedeuten könnte. Reiß rief deshalb dazu auf, dass alle für den Erhalt der Kliniken zusammenstehen müssten und erhoffte sich von Ministerpräsident Seehofer die Rückendeckung für der Krankenhäuser in kommunaler Hand. Wenn es um Menschenleben gehe, dürfe nicht nur die Ökonomie entscheiden, wurde sein leidenschaftlicher Appell vom Beifall begleitet.
Für die harmonischen Töne war an diesem Abend der Musiker Marcus Wehr zuständig, für den herzhaften Gaumenkitzel die Küche und Braumeister Walter Prechtel sorgte dafür, dass mancher Ärger "heruntergespült" werden konnte.
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