Noch immer keine Spur von der bissigen "Lotti"

12.8.2013, 18:13 Uhr
Noch immer keine Spur von der bissigen

© Peter Kneffel/dpa

Die Sonne scheint und würde eigentlich Lust auf eine Abkühlung im See machen - doch den Anwohnern am Oggenrieder Weiher im bayerischen Allgäu ist jeglicher Badespaß vergangen. In ihrem Badesee hat eine Alligator-Schildkröte einen achtjährigen Buben gebissen. Nun sucht die Feuerwehr nach dem bissigen Monster. Statt Badegästen haben sich Schaulustige und Kamerateams rund um den Weiher versammelt.

Im Laufe der Nacht sei das bissige Reptil am Oggenrieder Weiher nicht aufgetaucht, berichtete ein Sprecher der Polizei am Montag. Das Tier hat sich an dem Badesee in der Gemeinde Irsee vermutlich im Schlamm versteckt.

Am Vormittag werde über das weitere Vorgehen beraten, sagte Bürgermeister Andreas Lieb. Möglicherweise könnten Lebendfallen aufgestellt werden, um das Tier zu fangen. "Wir müssen den See einfach weiterbeobachten“, sagte Lieb.

Weiher trocken, Lotti fehlt

Das Tier hatte am vergangenen Montag in dem Badeweiher in der Gemeinde Irsee (Landkreis Ostallgäu) den Achtjährigen in den Fuß gebissen und ihm gleich zweimal die Achillessehne durchtrennt. Seit Donnerstag ist der Oggenrieder Weiher gesperrt. "Vorläufiges Badeverbot! Vorsicht! Uferbereich wegen Schnappschildkröte bitte nicht betreten", steht auf einem Hinweisschild.

Am Sonntagabend ließ die Feuerwehr das Wasser aus dem See ab. Zuvor hatten Mitglieder des Fischereivereins Kaufbeuren rund 500 Karpfen, Zander, Rotaugen und Rotfedern abgefischt und in einen anderen Teich gebracht. Am Montag suchte dann die Feuerwehr zunächst das Seeufer ab – ohne Erfolg. Die 17 Feuerwehrmänner, die dabei auch durch hohes Gras und Schilf liefen, trugen schwere Schuhe und Handschuhe. Das Wasser sei inzwischen völlig abgelaufen, sagte ein Feuerwehrmann der Nachrichtenagentur dpa. "Der Schlamm ist aber so tief, dass wir die Schildkröte dort nicht suchen können.“ Der See werde deshalb beobachtet. Vermutlich habe sich die Schildkröte in den Schlamm eingegraben. Mit einem schnellen Erfolg rechnen die Einsatzkräfte nicht: "Das ist wie ein Lottospiel. Es könnte noch Tage dauern, bis sie auftaucht.“

See bleibt leer

"Der See bleibt leer, bis wir die Schildkröte gefunden haben. Notfalls eben bis zum Winter", sagte Lieb. Die Gefahr dabei sei, dass sich das Tier vermutlich im Schlamm eingraben und die Suche damit noch weiter erschweren könne.

Aufgrund der Bissabdrücke am Fuß des Buben dürfte das Tier nach Schätzungen mindestens 40 Zentimeter groß und 14 Kilogramm schwer sein. "Erst wollte ich es gar nicht glauben", sagte Bürgermeister Lieb. "Aber nun besteht kein Zweifel mehr: Es war eine Alligator-Schildkröte."

Der zuständige Arzt habe von Anfang an auf einen Biss getippt. Daraufhin schickte Lieb mit Einwilligung der Mutter des Buben Bilder von der Wunde an das Zoologische Institut in München. Selbst die Experten hatten zunächst eine Schnittverletzung durch eine Glasscherbe vermutet. Erst nach längerer Prüfung bestätigten sie, dass die Verletzung wohl von einer Alligator-Schildkröte herrührt.

Meister der Tarnung

Auch nach Experten-Einschätzung könnte sich die Suche schwierig gestalten - denn die Tiere können sich gut tarnen: "Sie können sich wahnsinnig gut verstecken und an die Umwelt anpassen, sie verkriechen sich einfach in ihrem Panzer und sehen aus wie Steine“, sagte Jutta Bach, aus Dachsbach (Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim). Sie hält seit über 30 Jahren Schildkröten, seit 10 Jahren züchtet sie auch.

"Die Haltung von Alligator-Schildkröten ist in Deutschland eigentlich verboten. Ich nehme an, dass das Tier aufgezogen wurde, und als es zu groß war, hat man es ausgesetzt“. Normalerweise ernähre sich das Tier von kleineren Wasservögeln, Bisamratten und Fischen. "Sie gehören zu den Lauerjägern, sie sitzen im Schlamm und warten, bis Beute vorbeikommt“, sagte Bach.

Finderlohn von 1000 Euro

Mittlerweile hat der Bürgermeister einen Finderlohn von 1000 Euro ausgelobt. Zugleich appellierte er an die Bevölkerung, die Gefahr nicht zu unterschätzen und die Schildkröte nicht eigenmächtig zu fangen. Zahlreiche Irseer stehen am Sonntag am Weiher, Jugendliche haben ihre Hilfe angeboten. "Ein paar Leute haben mir erzählt, die Schildkröte in den letzten Tagen gesehen zu haben, auch beim Schwimmen noch. Ich selbst hatte sie noch nicht vor Augen", sagt Bürgermeister Lieb.

Die bissigen Alligator-Schildkröten sind eigentlich in den USA beheimatet. Einfuhr, Verkauf und Nachzucht dieser Reptilien ist in Deutschland seit 1999 verboten. Wie die Schildkröte in den Oggenrieder Weiher kam, ist noch unklar. Vermutlich wurde sie von ihrem Besitzer ausgesetzt. Nun wurde Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

"Wenn das Absicht war, ist es eine richtig fiese Aktion", finden die beiden Irseerinnen Sabina (23) und Christiana (24). Sie können sich auch nicht erklären, woher die Alligator-Schildkröte kommt. Aber einen Namen haben sie parat: "Unsere Schildkröte soll Lotti heißen." Die beiden finden, das Tier brauche einen bayerischen Namen – und Schnappi halten sie für relativ einfallslos. Der Bürgermeister nickt: "Na gut, dann heißt sie eben Lotti." Die Alligator-Schildkröte von Irsee hat nun also einen Namen. Ob sie sich dadurch leichter einfangen lässt, bleibt abzuwarten.

Dieser Artikel wurde um 18.14 Uhr aktualisiert.

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