NSU-Morde: Beckstein verteidigt bayerische Ermittler

23.5.2012, 18:04 Uhr
Stellte sich im Landtagentschieden vor die bayerischen Ermittler: Ex-Innenminister Günther Beckstein (links).

© Sturm Stellte sich im Landtagentschieden vor die bayerischen Ermittler: Ex-Innenminister Günther Beckstein (links).

„2004 wollten wir das Verfahren abgeben“, sagte Beckstein am Rande der Landtagssitzung in München. „Das Bundeskriminalamt hat den Fall nicht übernommen.“

Beckstein soll an diesem Donnerstag als letzter bayerischer Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Bundes aussagen. 2006 sei es dann erneut um eine Übernahme der Ermittlungen durch das BKA gegangen. Damals sei man jedoch übereingekommen, dass die Ermittlungen bei den Ländern bleiben sollten, zusätzlich habe es eine umfangreiche Ermittlungsgruppe des BKA gegeben.

Einarbeitung hätte Stillstand bedeutet

In den Ländern seien damals Hunderte Beamte mit den Ermittlungen befasst gewesen. „Eine Übernahme durch das BKA hätte eine Unterbrechung von Wochen oder Monaten bedeutet. Wenn jemand sich neu einarbeiten muss, bedeutet das zunächst Stillstand bei den Ermittlungen. Es ist absurd, zu glauben, dass das BKA den Täter innerhalb von 14 Tagen gehabt hätte, wenn es damals übernommen hätte.“

Es habe damals auch keinen Streit mit dem Bund gegeben: „Ich erinnere mich nicht, dass ich eine Auseinandersetzung mit (Innenminister Wolfgang) Schäuble gehabt hätte.“ Die Polizei habe die Ermittlungen damals „mit dem größten Aufwand geführt, der jemals in Bayern betrieben wurde“, sagte Beckstein.

Vermerke über fremdenfeindliches Motiv

Bayerns Ex-Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat schon zu Beginn der Neonazi-Mordserie ein fremdenfeindliches Tatmotiv für möglich gehalten. Dies gehe aus einem Vermerk hervor, den Beckstein im Jahr 2000 in den Akten gemacht habe, sagte die SPD-Obfrau im Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Eva Högl, am Mittwoch in Berlin.

Die Frage sei, warum der Minister dem nicht stärker nachgegangen sei. Beckstein ist an diesem Donnerstag der erste Politiker, der dem Ausschuss Rede und Antwort steht. Wie Högl sagte, kannte Beckstein das erste Mordopfer, einen türkischstämmigen Blumenhändler in Nürnberg, persönlich. Auf einen Zeitungsartikel vom 12. September 2000 über den Mord habe er notiert: „Bitte genau berichten. Ist ausländerfeindlicher Hintergrund denkbar?“ Nach dem 8. und 9. Mord habe Beckstein im Mai 2006 nochmal einen ähnlichen Vermerk gemacht. Dies gehe aus Akten des bayerischen Innenministeriums hervor, die dem Ausschuss vorliegen.

Die zwei mutmaßlichen rechtsextremen Serienmörder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos töteten nach derzeitigem Ermittlungsstand fünf ihrer zehn Opfer in Bayern – mehr als in jedem anderen Bundesland. Im Bundestag hat der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), vor allem die bayerischen Ermittlungsbehörden scharf kritisiert.

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