1. September 1966: Regen und Kühle brachten Verlust

1.9.2016, 07:00 Uhr
1. September 1966: Regen und Kühle brachten Verlust

© Gerardi

Sicher ist, daß der früher als hochsommerlich bekannte achte Monat des Jahres auch der "Versager des Jahres" war. Er brachte Temperaturschwankungen zwischen 3,6 und fast 35 Grad – und Einbußen im wirtschaftlichen und privaten Bereich.

Großstädter, die in den – vielfach mißlungenen – Ferien die langersehnte Erholung suchten, kamen enttäuscht und finanziell strapaziert zurück; etliche sagten auch ihre Fahrten ab. Die teuer verwalteten Freibäder waren mal voll, mal leer, und die Ausflugsgaststätten kamen nicht auf ihre Rechnung. Das "Rennen" allein machte der Regen.

1. September 1966: Regen und Kühle brachten Verlust

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"Dabei sind wir heuer durchaus auf unser Soll gekommen“, sagt der Leiter des Badeamtes, Hanns Dürschner, "aber nur, weil der Mai und Juni bis zum 18. Tag die großen Besucherzahlen brachten. Wäre das Wetter weiter so gut geblieben, hätten wir sogar den Rekord von 1964 gebrochen!“ Vor zwei Jahren nämlich hatten sich im Stadion- und Naturgartenbad 381.786 "Wasserratten“ eingefunden. 1965 - "der Sommer fiel hier auch nur auf einen Nachmittag“, heißt es im Volksmund - waren es nur 219.037. Und dennoch weniger als heuer, denn bis gestern sind 219.653 Eintrittskarten verkauft worden.

Große Anziehungskraft übte das neueröffnete Freibad West in Johannis aus: während im seit gestern vergangenen August 25.067 Gäste ins Stadionbad und 13.037 ins Naturgartenbad kamen, fanden sich 36.599 (zusammen 74.703) im jüngsten "Aquarium“ ein. Die höchste Besucherzahl in allen drei Bädern wurde am 13. August mit 24.217 erreicht. Am vergangenen Sonntag jedoch tummelten sich nur 183 Unentwegte im Wasser beim Stadion, 86 in Erlenstegen und 1.006 im Westbad.

"Wenn das Wetter weiter so kühl und unfreundlich bleibt, schließen wir am 11. September die Freibäder“, sagt Hanns Dürschner. "Sollte es aber doch noch sonniger werden, dann halten wir das Bad im Westen noch ein paar Tage länger offen!“

Wer aber weiß, was der Himmel weiter für Launen hat? Fest steht nur, daß im August das Temperaturminimum am 25. genau 3,6 Grad betrug (im vergangenen Jahr wurden als niedrigste Temperatur im gleichen Monat 5,0 Grad gemessen), daß das Maximum am 13.8. exakt 34,7 Grad betrug (1965: 31,1 Grad) und daß sich schließlich die Niederschlagsmenge auf 86,4 Millimeter, also rund 129 v. H. der normalen Summe, beziffert. Im vergangenen Jahr "tröpfelten“ im August 43,6 Millimeter vom Himmel. Und was die Kälte anbelangt, ist es ein geringer Trost, daß zwei Sommer nach Kriegsende, also im August 1947, nur 2,0 Grad registriert und "durchstanden“ wurden.

Besucherrückgang im Tiergarten

"Was nun schlimmer ist – die Kälte oder der Regen?“ Die Inhaberin der auf Gartenbetrieb eingestellten Gaststätte am Valznerweiher antwortet: "Den ganzen August lang konnte ich die Tische und Stühle im Freien nicht mehr sehen! Ist das Wetter gut gewesen, hätte man zehn Hände gebraucht, hatte aber nicht ausreichend Personal, und war`s draußen düster, dann mußte im Lokal geheizt werden. Frühmorgens schaut man zum Himmel und denkt: na, heut wird`s schön, und man deckt die Tische. Eine Stunde später ist alles grau in grau … Bei diesem launischen Wetter kann man das Gartengeschäft vollständig abschreiben!“

Rund 20 v. H. der Umsatzsumme gegenüber dem August 1965 büßt Hans Lehner, Inhaber der Tiergarten-Gaststätten, ein - "obwohl sonst die Saison einigermaßen ausgeglichen war.“ In den weithin gerühmten Tierpark am Schmausenbuck kamen mit 151.000 Besuchern auch rund 26.000 weniger als im vergangenen August. Trotzdem: ein Vorsprung um 22.000 Gäste gegenüber 1965 (Januar bis August: 590.000) ist heuer erreicht.

Eine Bilanz, die dem August Anno 66 kein gutes (Wetter-)Zeugnis ausstellt. Doch niemand darf die Flügel hängen lassen. Reisebüros preisen günstige Herbstreisen an, und schöngelegene Lokale bestechen durch ihr Angebot besonderer lukullischer Genüsse. Trotz allem: miserabel war dieser Monat für viele. Aber er ist ausgestrichen. Und nun muß abgewartet werden, was der September noch alles bringt...

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