12. März 1969: Nutzen rechtfertigt nicht den Aufwand

12.3.2019, 07:00 Uhr
12. März 1969: Nutzen rechtfertigt nicht den Aufwand

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Die Opposition im Rathaus hat vielmehr die Überzeugung gewonnen, daß beim Bau des Guten zuviel getan und Geld für Konstruktionen und Einrichtungen ausgegeben worden ist, die entweder überflüssig sind oder wesentlich billiger zu haben gewesen wären. Das Resultat dieser Großzügigkeit: ein gewaltiges Gehäuse für ein 25-Meter-Becken und ein kleines Bassin, in dem die Jugend schwimmen lernt.

Ein Bad von dieser Kapazität dürfte – das hat ein Fachmann für die Fraktion ausgerechnet – auch bei luxuriöser Bauweise höchstens fünf Millionen Mark kosten.

Ausgangspunkt der Attacke gegen den Bauhof war ein Schreiben, das die CSU am 4. Februar an den Oberbürgermeister gerichtet hat und vier Fragen enthielt:

1. Wieviel umbauten Raum hat das Hallenbad Süd?

2. Inwieweit sind die Erkenntnisse der modernen Schwimmhallen-Architektur angewandt und verwirklicht worden? Welche Beratungsstellen haben bei der Planung mitgewirkt?

3. Welche Schwimmsport-Veranstaltungen sind durchführbar und in welchem Verhältnis stehen dazu die Zuschauertribünen?

4. Welche Tragfähigkeit hat der Baugrund und welches System der Wasserführung wurde gewählt?

5. Mit welchen Betriebskosten ist zu rechnen?

Darauf hat die Opposition erst gestern Antwort bekommen. "Teils allgemein gehalten, teils ausweichend, teils unrichtig", ärgerte sich Fraktionsvorsitzender Dr. Oscar Schneider.

Ihm war es bei seinem Vorstoß überhaupt nicht darauf angekommen, das Bad generell in Frage zu stellen, so daß er auch gestern ausdrücklich erklärte: "Die CSU würde heute noch zustimmen, weil sie das Hallenbad im Süden für notwendig hält." Außerdem zielte die Opposition nicht auf die Bausumme, weil sie nach wie vor daran festhält: "An dieser städtebaulich wichtigen Stelle an der Allersberger Straße darf ruhig ein aufwendigeres Gebäude stehen."

Die Kritik richtet sich jedoch dagegen, daß die Kosten in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen stehen – einer Ansicht, zu der die CSU gelangt ist, nachdem sie einen Spezialisten zu Rate gezogen hat. Fachmann Peter Fleischer, Gesellschafter eines Nürnberger Unternehmens für den Hallenbadbau, legte die Hintergründe dar, die die Sachkenntnis eines ehrenamtlichen Stadtrats überfordern.

Einmal – so erläuterte er – kommen die 59.000 Kubikmeter umbauten Raumes beim Hallenbad Süd dadurch zustande, daß Raumhöhen an Stellen entstanden, an denen sie nicht gebraucht werden. Zum anderen zahlt Nürnberg mit 220 Mark einen hohen Preis für den Kubikmeter umbauten Raumes, während in Hessen nur 162 Mark die Regel sind und der Münchner Richtsatz bei 180 Mark liegt. Mangelnde Fachkenntnis im Bäderbau schreibt der Nürnberger Fachmann zu, daß ein zweischaliges Becken errichtet wurde, obwohl das Gelände eine hohe Belastbarkeit aufwies.

Als absolut sinnlos aber bezeichnete er die Tribüne mit 500 Zuschauerplätzen und einer Erweiterungsmöglichkeit für weitere 100 bis 120 Gäste. "Solange kein 50-Meter-Becken vorhanden ist, und der Zehnmeterturm fehlt, werden im Hallenbad Süd auch keine großen Schwimmsportveranstaltungen durchgeführt. die die Zuschauer anziehen", begründete er seine Kritik.

300.000 DM hätte man sparen können

Als eine Frage des Geschmacks überließ Sachverständiger Peter Fleischer anderen das Urteil darüber, ob der stilisierte Wald aus hohen Säulen notwendig war. Fest steht nur, daß schätzungsweise rund 300.000 Mark hätten gespart werden können, hätte man auf die „Kunst beim Schwimmen“ verzichtet. Das notierte der Spezialist am Ende seiner Kritik, die er mit Beispielen würzte, wie man andernorts mehr fürs Geld bekommen hat.

Einen guten Vergleich bietet Düsseldorf. Dort entstand für 3,8 Millionen Mark ein Hallenbad. Es enthält ein 25-Meter-Becken mit einem Hubboden und Sprunganlage, ein 12,5 Meter langes Lehrschwimmbecken, eine Sauna mit Dachterrasse für 30 Besucher, sechs Sammelumkleideräume mit Schränkchen, weitere Umkleideräume für 2.000 Besucher des bestehenden Freibeckens und eine Cafeteria für 40 Gäste. Dabei mußte in Düsseldorf auch Rücksicht genommen werden: auf ein benachbartes Schloß. Gemessen an den Kosten für dieses Bad – so erklärte Peter Fleischer – hätte Nürnberg für 11,7 Millionen DM eine Weltmeisterschaftsanlage, ein regelrechtes Schwimmsportzentrum erhalten müssen.

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