13. Februar 1969: Es hagelt Proteste...

13.2.2019, 07:00 Uhr
13. Februar 1969: Es hagelt Proteste...

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Das ist ein verschwindend geringer Teil in der Masse der Bußgeldbescheide: seit 1. Januar sind 15.400 Verwarnungen (zwischen zwei und 20 Mark) ausgesprochen worden. Der Erlös von etwa 110.000 Mark fließt bis auf den letzten Pfennig in den Stadtsäckel.

Die 15.400 Verwarnungen mögen auf den ersten Blick die Autofahrer schockieren. Die Zahl stellt aber keineswegs die Grenze der Leistungsfähigkeit der Nürnberger Polizei dar. Oberst Horst Zeitz, Leiter der Schutzpolizei, spricht es gelassen aus: „Im Januar hatten unsere Beamten kaum Zeit, sich um Ver-kehrsverstöße zu kümmern. Sie halfen meist Kraftfahrern, die im Schnee und Eis steckengeblieben waren.“ Es beginnen demnach schlechte Zeiten für die Autolenker, wenn der Winter einmal vorbei ist . . .

Dabei fühlen sich heute schon zahlreiche Kraftfahrer von der Polizei schlecht behandelt. „Man fühlt sich geradezu von den Beamten verfolgt“, macht Eugen Sp. seinem Ärger in einem Brief an das Präsidium Luft. „Ist das noch freies Bürgertum? Wenn der Bundesgerichtshof entscheiden sollte, daß das Ordnungswidrigkeiten-Gesetz nicht dem Grundgesetz entspricht, so mache ich schon heute auf Regreßklage aufmerksam.“

Dazu Hans Meister: „Solche Schreiben bekommen wir relativ oft. Wir gehen jeder Beschwerde nach, schicken sie zur Stellungnahme an die zuständigen Reviere und entscheiden dann darüber.“ Bei Nachprüfungen verfahren wir so unbürokratisch wie möglich“. In manchen Fällen lassen die Verantwortlichen Bußgeldbescheide in den Papierkorb wandern – wie bei jenem Autofahrer, der nach einem Unfall seinen Wagen ins Halteverbot gestellt hatte. Eine Streife kannte die Vorgeschichte nicht und hängte einen rosaroten Zahlschein an die Windschutzscheibe. Oder wie bei einem anderen Kraftfahrer, der wegen Überschreitung der Parkzeit fünf Mark berappen sollte. Mit Erfolg wies er darauf hin, daß das „Groschengrab“ defekt war und kein Zehnerl annahm.

Auch ein bereits ertappter Verkehrssünder kam mit seiner Beschwerde durch. In seinem Protestbrief wies er die Beamten darauf hin, daß er ein gehbehinderter Kriegsversehrter ist, der dringend seinen Arzt in der Innenstadt aufsuchen mußte und sein Auto in die Halteverbotszone stellte. Polizeirat Hans Meister: „Das ist eine Selbstverständlichkeit, daß wir die Buße von zehn Mark rückgängig machen.“

Keine Nachsicht konnte dagegen ein junges Pärchen erwarten, das nach dem Jawort in der Kirche gleich auf Hochzeitsreise ging. Die frisch vermählten Eheleute fuhren mit ihrem Wagen zum Bahnhof, stellten dort ihr Auto in der Kurzparkzone ab und ließen sich im Zug vergnügten Flitterwochen nach Hamburg entgegenfahren. Als sie nach 14 Tagen nach Nürnberg zurückkehrten, wunderte sich das Paar, daß sein Auto spurlos verschwunden war. Im Präsidium erfuhr es dann, was gediehen war: die Polizei hatte den Wagen abschleppen lassen und für den „Spaß“ hundert Mark verlangt. Wohl oder übel muß der vergeßliche Ehemann in seinen Geldbeutel greifen.

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