19. Oktober 1966: Dienst am Zebrastreifen

19.10.2016, 07:00 Uhr
19. Oktober 1966: Dienst am Zebrastreifen

© Eißner

Nach vier Unterrichtsstunden bei Polizeihauptwachtmeister Georg Seibert, einer kniffeligen Prüfung und der praktischen Einweisung gibt es in Nürnberg jetzt 95 Lotsen; die Zahl der Schulen, vor denen sie ihren Mitschülern beim Überqueren der Straße Hilfestellung leisten, hat sich auf acht erhöht.

Nürnberg hat sich später als die meisten Großstädte im Bundesgebiet dazu entschlossen, Schüler der letzten Volksschulklassen als solche „Hilfspolizisten“ heranzubilden. Die Lehrerschaft, der Elternbeirat und die Erziehungsberechtigten der betreffenden Kinder müssen einverstanden sein, dann erst beginnt der Sonder-Verkehrsunterricht.

Acht Tage lang heißt es dann für den Schülerlotsen, zwanzig Minuten vor Unterrichtsbeginn mit weißer Mütze, weißem Schulterriemen und der Kelle am Zebrastreifen anzutreten; zwanzig Minuten nach Schulbeginn fängt auch für die „Helfer“ die Stunde an. Bei Schulschluß dürfen sie wiederum zwanzig Minuten eher fort. Die Uniform wird der Pflege der Lotsen übergeben, sie ist ein Geschenk der Verkehrswacht.

Ein wichtiger Augenblick ist es allemal, wenn die Siebtkläßler das Dienstbuch erhalten: in ihm sollen sie alle besonderen Vorkommnisse aufschreiben. Übersieht ein Kraftfahrer ihr Zeichen, fährt er gar rücksichtslos zwischen den Schulkindern hindurch, so notiert der Lotse das polizeiliche Kennzeichen, die Uhrzeit und den Ort der strafbaren Handlung – dem Aufgeschriebenen droht eine Vorladung zur Polizei und eine zusätzliche Stunde Verkehrsunterricht. Doch es kommt selten vor, daß jemand die kleinen Hilfsposten übersieht. Diese wiederum sollen freundlich lächeln und dem Autofahrer genügend Zeit geben, bis er seine Bremse gefunden hat.

Inzwischen ist auch geklärt, daß jeder Schülerlotse den vollen Versicherungsschutz genießt, und weil er nur am Zebrastreifen Dienst tut, wo der Kraftfahrer sowieso zur Rücksichtnahme gezwungen ist, kann ihm kaum viel passieren.

Die 34 Neuen – zehn von der Schule Königshammer Straße, drei vom benachbarten Eibenweg und 24 von der Scharrerschule – freuten sich denn auch, als sie zum ersten Mal mit den Zeichen ihrer neuen Würde ausgestattet wurden. Noch größer war der Jubel, als sie das Ergebnis der Prüfung erfuhren: sie haben alle bestanden. Im vorigen Jahr waren immerhin zwei Schulkinder durchgefallen.

Verwandte Themen


1 Kommentar