20. April 1968: Die Bankräuber sind gefaßt

20.4.2018, 07:00 Uhr
20. April 1968: Die Bankräuber sind gefaßt

© Helmholz

Während sein Komplice die Angestellten mit der Waffe in Schach hielt, sprang der Bursche über den Tresen, raffte das auf dem Zahltisch liegende Geld zusammen und verstaute es in einer Aktentasche. Die Beute: über 80.000 Mark.

Die Großfahndung verlief schon fünf Stunden nach dem dreisten Coup erfolgreich: auf einem Ruinengrundstück in der Karl-Grillenberger-Straße wurde der 25jährige Bergmann Herbert K., der bis 1966 bei der Bundeswehr war und sich seitdem ohne festen Wohnsitz in der Bundesrepublik herumtrieb, festgenommen. Wenig später war auch sein Komplice gefaßt. Kriminalbeamte stöberten ihn in Fürth auf. Sein Name: Franz F.. Der 17jährige ist in Marktredwitz geboren und wohnte zuletzt in Niederstimmen im Landkreis Ingolstadt. Kurz vor Mitternacht wurden die beiden Gangster im Polizeipräsidium vernommen, wo sie ein volles Geständnis ablegten.

20. April 1968: Die Bankräuber sind gefaßt

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Gleich nach dem Überfall war der Gebäudekomplex zwischen der Karolinenstraße, Färberstraße, Brunnen- und Krebsgasse hermetisch abgeriegelt worden. Doch die Täter schienen wie vom Erdboden verschwunden. Den entscheidenden Hinweis zur Festnahme der Gangster hatte der 24jährige Bankangestellte Norbert O. geliefert. Als er gegen 22.15 Uhr sein Auto auf dem Unschlittplatz abholen wollte, sah er zu seiner Überraschung die beiden Täter hinter einem alten VW-Bus stehen. O.: „Sie starrten mich an, erkannten mich wohl und liefen in Richtung Henkersteg davon.“ Der junge Bankangestellte handelte schnell: er ließ sich von Fremden in das Polizeirevier fahren.

In einem Funkwagen beteiligte er sich anschließend an der Fahndung. Als das Auto an einem Ruinengrundstück in der Karl-Grillenberger-Straße vorbeifuhr, sahen die Beamten eine dunkle Gestalt. Es war der 25jährige Herbert K., der keinen Widerstand leistete, als er abgeführt wurde. Er trug eine Aktentasche bei sich, in der sich 41 015 Mark befanden. Es war die Hälfte der Beute aus dem Überfall auf die Bayerische Vereinsbank. Außerdem förderten Kriminalbeamte aus seiner Tasche eine Pistolenattrappe, Walther PPK, zutage.

20. April 1968: Die Bankräuber sind gefaßt

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Die Freude über den guten Fang erhöhte sich unter den Beamten im Polizeipräsidium noch, als die Nachricht von ihren Kollegen aus der Nachbarstadt bekannt wurde. Sie waren ebenfalls in die Großfahndung eingeschaltet worden und konnten gegen 22.40 Uhr den 17jährigen Franz F. In einer verlassenen Ecke in der Fürther Innenstadt festnehmen. Auch er trug eine Aktentasche bei sich, in der sich fast 40.000 Mark befanden.

Der Raubüberfall hatte sich in Sekundenbruchteilen abgespielt. Entsetzt schaute um 17.50 Uhr Frau Berta M. In die Mündung einer Pistole. Noch zwei Stunden später war sie einem Nervenzusammenbruch nahe. „Ich machte gerade Bilanz und zählte die Tageseinnahmen“, berichtete aufgeregt die 36jährige Kassiererin. „Es waren keine Kunden mehr in der Bank. Auf einmal ging die Tür auf und die beiden Kerle standen vor mir.“

Die nächsten Sekunden wird die Angestellte bestimmt nicht so leicht vergessen. Unmißverständlich brüllte sie der 17jährige Franz F. an, der einen anthrazitfarbenen Popelinmantel trug: „Bitte keine Bewegung, sonst knallt‘s.“ Darauf Berta M.: „Was machen Sie denn?“ Der Räuber mit der Pistolenattrappe in der Hand: „Es tut mir leid.“ Gleich darauf sprang er mit beiden Füßen über die Theke.

Die Frau versuchte noch, den Täter aufzuhalten. Als sie die Waffe auf sich gerichtet sah, rief sie noch: „Mein Geld, mein Geld.“ der Gangster stieß sie zur Seite und raffte die gebündelten Scheine zusammen.

Der an der Tür stehende Komplice hielt mit einer gezückten Pistole die Angestellten in Schach. Als sein Kumpan den Überfall blitzschnell ausgeführt hatte, ließ er ihn zunächst aus dem Hauptausgang. Noch einmal blitzte der Lauf der Waffe auf – dann waren beide verschwunden. Zu diesem Zeitpunkt waren bei der Funkstreifengruppe im Präsidium bereits drei Alarme eingegangen: geistesgegenwärtig hatten die Kassiererin und zwei Kollegen die Alarmknöpfe eingedrückt, als die Räuber noch im Kassenraum waren.

Unbemerkt konnten die Gangster das Gebäude verlassen. Philipp O. sah sie nur im Aufzug davonfahren. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, meinte er später. Da die Räuber sonst nirgends mehr beobachtet wurden, nahm die Polizei an, daß sie sich in einem der angrenzenden Häuser versteckt haben könnten. Kriminaloberrat Heinrich Helldörfer und der Leiter der Schutzpolizei, Polizeioberrat Horst Seitz, leiteten die Ermittlungen. Sie ließen den Komplex zwischen Karolinenstraße und Brunnengasse umstellen. Hundert Beamte schirmten das Gebäude ab und krochen sogar bis auf die Dächer vor.

Selbst die einige hundert Kinobesucher, die im Großen und Kleinen Atlantik-Haus den Sexstreifen „Engelchen oder die Jungfrau von Bamberg“ sowie den Krimi „Ich sprenge alle in die Luft“ mit Inspektor Blomfield auf der Leinwand verfolgt hatten, wurden peinlich genau überprüft. Während die Filmpolizei die Täter schnell faßte, lief die Gangsterjagd draußen vor der Tür erst fünf Stunden später erfolgreich über die Bühne.

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