20. März 1967: Konzern fordert 2,4 Millionen DM

20.3.2017, 07:00 Uhr
20. März 1967: Konzern fordert 2,4 Millionen DM

© Kammler

Allerdings nicht wie ehedem in Freundschaft, sondern als Prozeßgegner in einem Sitzungssaal des Landgerichts Nürnberg-Fürth, in dem die 6. Zivilkammer in der Sache „Grundig gegen Schäfer“ tagte. Grundig und Schäfer waren zu diesem Termin vom Gericht geladen, um beide als Partei vernommen zu werden.

Der Konsul, der in diesem Prozeß als Geschäftsführer der Grundig Werke GmbH auftritt, hat gegen den nach längerer Untersuchungshaft gegen hohe Kaution auf freien Fuß gesetzten ehemaligen Generaldirektor Forderungen in Mindesthöhe von 2,4 Millionen eingeklagt. Tatsächlich wird die Summe, um die sich der Konzern durch Schäfer geschädigt sieht, noch um einige 100.000 DM höher geschätzt.

Mehrmals goldene Brücken gebaut

Wie sich aus Grundigs Worten gestern ergab, waren Schäfer, gegen den das staatsanwaltschaftliche Verfahren wegen Untreue noch nicht abgeschlossen ist – der Verteidigung Schäfers wurde nochmals eine Erklärungsfrist bis Ende April eingeräumt – nach Bekanntwerden seiner Manipulationen durch den Prüfungsbericht der Treuhandgesellschaft mehrmals goldene Brücken gebaut worden. Es war dies, noch bevor das Verfahren durch eine anonyme Anzeige ins Rollen kam. Mit einer Million auf den Tisch des Hauses sollten alle Forderungen gegen Schäfer im Vergleichweg aus der Welt geräumt werden. Schäfer aber ergriff nicht die gebotene Hand.

So stehen sich nun Grundig und Schäfer als erbitterte Feinde gegenüber. Grundig in der Rolle des Klägers, der beweisen muß, Schäfer als Beklagter, der alles bestreiten kann.

Die 6. Zivilkammer unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Mayer konnte sich bislang nur mit drei Punkten der Klage befassen, weil Schäfer zu den übrigen noch nicht Stellung genommen hat. Er beruft sich darauf, daß ihm dies nicht möglich sei, weil seine Unterlagen in 18 Kisten bei der Staatsanwaltschaft liegen. Das Gericht hat ihm nun eine letzte Frist bis 1. Juli gesetzt.

Der dickste Brocken, um den es gestern ging, ist das Haus Bahnhofstraße 6, das auf Schäferschem Grund und deshalb in seinem Eigentum steht, obgleich es mit einem Kostenaufwand von rund 1,2 Millionen DM 1957/58 von Grundig aufgebaut wurde. Heute soll das Haus zusammen mit dem anliegenden Grundstück nach Meinung Schäfers einen Wert von rund 6 Millionen DM haben. Nach Schäfers Worten gibt es keinen gültigen Vertrag, aus dem Grundig einen Kauf- oder Bereicherungsanspruch ableiten könnte.

Nach der beeidigten Aussage von Abteilungsdirektor Erich Zinngrebe von der Grundig Werke GmbH hat es einen derartigen Vertrag aber gegeben. Er wurde von dem Zeugen aufbewahrt, bis Schäfer sich ihn mit dem Bemerken geben ließ, daß er nach Absprache mit Grundig geändert werden müsse. Trotz mehrmaliger Mahnungen – so der Zeuge – habe Schäfer den Vertrag aber nicht mehr zurückgegeben, sondern anfangs 1963 zu ihm gesagt, daß er die Sache vergessen solle. Schäfer erklärte dazu gestern, daß er von einem solchen Vorgang nichts wisse. Statt dieses Vertrages legte er einen Vertrag vor, der nach Aussage des Zeugen nicht mit dem gesuchten identisch ist.

Keine Forderungen mehr...

Nach dem Vertrag, den Schäfer nie gesehen, geschweige denn unterschrieben haben will, sollte Grundig eine jährliche Pacht von 36.000 DM bezahlen und innerhalb von zehn Jahren jederzeit das Recht haben, den Komplex für 700.000 DM zu erwerben. Schäfer stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, daß Grundigs Bereicherungsansprüche durch die sehr billige Pacht ausgeglichen seien und Grundig deshalb keine Forderungen an ihn zu stellen habe. Ein Vorschlag des Gerichts, die Angelegenheit mit dem Haus durch einen Vergleich aus der Welt zu schaffen, wurde von Grundig abgelehnt.

Ein weiterer Streitpunkt sind 42.000 DM Aufsichtsratsvergütungen, die Grundig aus einer ausländischen Beteiligung zugestanden haben, zunächst aber auf das Konto Schäfers gebucht wurden. Schäfer behauptet, den Betrag an Grundig abgeführt zu haben. Grundig, der seiner Aussage nach daran keine Erinnerung hat, hat gestern die von Schäfer erstmals im Original vorgelegten Quittungen noch nicht voll anerkannt.

Zahlungen und Aktienpaket

Der dritte Klagepunkt, der zur Sprache kam, betrifft die Baumaßnahmen, die in den Besitzungen Schäfers auf Kosten der zum Grundig-Konzern gehörenden Triumph-Werke ausgeführt wurden. In der Klage wird eine Summe von 131.000 DM genannt. Schäfer wendet ein, daß er mit Grundig darüber gesprochen und dieser mit einer Handbewegung zu erkennen gegeben habe, daß die Sache erledigt sei. Grundig bestreitet dies mit aller Entschiedenheit, er hat seinen Angaben nach von dieser Angelegenheit erst durch den Prüfungsbericht der Treuhandgesellschaft erfahren.

Eine Entscheidung hat das Gericht noch nicht getroffen.

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