25. November 1965: Nürnberg bekommt eine U-Bahn

25.11.2015, 07:16 Uhr
25. November 1965: Nürnberg bekommt eine U-Bahn

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Die ersten U-Bahn-Züge sollen schon 1969 auf dem Abschnitt Südkaserne-Langwasser fahren, mit dessen Bau in zwei Jahren begonnen wird. Die Nürnberger haben klare Vorstellungen, wie ihre Untergrundbahn aussehen soll. Sie wollen sich nach dem Münchner Vorbild Wagen anschaffen, die 18 Meter lang und 2,65 Meter breit sind. Ein Doppel-Triebwagen dieser Art bietet 98 Sitz- und 182 Stehplätze. Bei einem Zugabstand von knapp drei Minuten können damit 12 500 Menschen je Stunde und Richtung befördert werden. Die U-Bahn erreicht eine höchste Reisegeschwindigkeit von 29 Stundenkilometern, während es eine unterirdische Straßenbahn nur auf 20 bis 22 Kilometer bringt.

Mit seinem Beschluß, „das schienengebundene Verkehrsmittel in der zweiten Ebene grundsätzlich als U-Bahn zu planen“, strebt der Stadtrat die weitschauendste aller möglichen Lösungen an. Noch vor gut zwei Jahren hatte er festgelegt, daß sich Nürnberg mit einer Unterpflaster-Straßenbahn begnügen soll. Der Gesinnungswandel läßt sich am besten aus der Verkehrsmisere verstehen, die von Tag zu Tag schlimmer wird. Schon heute kommt ein Kraftfahrzeug auf ungefähr fünf Einwohner; in zehn Jahren erwartet man ein Kraftfahrzeug auf drei Einwohner.

Autofahrer zum Umsteigen bewegen

Der Stadtrat glaubt, daß der Verkehr der Zukunft nur bewältigt werden kann, wenn das „Massen-Verkehrsmittel“ attraktiv genug (schnell, sicher, bequem und preiswert) gestaltet wird, um Autofahrer zum Umsteigen vom eigenen Wagen in die U-Bahn zu reizen. Weil jedoch nicht auf dem ganzen Netz der Straßenbahn künftig Strecken der Untergrundbahn entstehen können, müssen später Omnibusse Zubringerdienste leisten. Außerdem kann eine U-Bahn nicht von heute auf morgen gebaut werden, so daß die Straßenbahn noch lange nicht aus dem Stadtbild verschwinden wird. „Das ist eine Aufgabe für Generationen“, meinte der Generaldirektor der Städtischen Werke, Prof. Dr. Ipfelkofer.

Andererseits will die Stadt den Begriff U-Bahn nicht mit „Utopiebahn“ gedeutet wissen: auf dem 5,2 Kilometer langen Teilstück nach Langwasser soll im übernächsten Jahr der erste Spatenstich getan werden. Auf dieser Strecke stehen dem Projekt die wenigsten Schwierigkeiten entgegen, denn „wir bewegen uns auf jungfräulichem Boden“, sagte Baureferent Heinz Schmeißner. Nur 1,2 Kilometer Tunnelröhren sind nötig; im übrigen kann sich die U-Bahn im Einschnitt bewegen. Weit größere Probleme treten auf, wenn die Altstadt zwischen Hauptbahnhof und Plärrer untertunnelt werden soll. Hier rechnet man bei jedem Kilometer mit Kosten von 60 Millionen DM, während man in Langwasser mit 30 bis 40 Millionen DM auszukommem hofft.

Trotzdem kann die Stadt eine Untergrundbahn nie und nimmer aus eigener Kraft bauen. Sie erwartet die Hilfe von Bund und Land. Für den ersten Abschnitt hat der Freistaat Bayern bereits einen Zuschuß von 30 v. H. Zugesagt. Die gestrige Entscheidung hat die Tür zu neuen Verhandlungen um das liebe Geld geöffnet. Sie bedeutet zunächst nur: „Grünes Licht für die Planungen.“ Oberbürgermeister Dr. Urschlechter versicherte jedoch: „Die U-Bahn wird kommen, wenn auch nicht in einigen wenigen Jahren!“

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