28. Juli 1965: Wäsche für Waggons

28.7.2015, 07:00 Uhr
28. Juli 1965: Wäsche für Waggons

© Friedl Ulrich oder Hans Kammler

Mitte September hat dieser Zustand jedoch ein Ende; dann bekommen die großen Perlonbürsten zum ersten Mal Arbeit. Sie wurden vor wenigen Tagen erst installiert, da vorher in langwieriger Arbeit die Fundamente gelegt wurden.

Das etwa 150 Meter lange Betonfundament befindet sich im Gelände des Bahn-Betriebs-Wagenwerks an der Regensburger Straße. Zu beiden Seiten der Gleise stehen je zwei Türme mit Düsen; in einiger Entfernung davon sind die vier Perlonbürsten montiert. Die ganze Anlage ist unter freiem Himmel und von der Straße aus gut sichtbar.

Sie kann von drei Abstellgleisen her befahren werden, die jeweils Platz für zehn D-Zug-Wagen bieten. Eine kleine Diesel-Schlepplok zieht die Wagengarnitur auf die Anlage; sobald der erste Waggon eine Lichtschranke passiert, werden die Ventile geöffnet und die Wagen eingesprüht, während sie mit einer Geschwindigkeit von drei Metern in der Sekunde vorbeigezogen werden. Der Weg bis zu den Bürsten ist so berechnet, daß das Waschmittel in der Zwischenzeit wirken kann. Von den rotierenden Perlonbürsten wird auch der härteste Schmutz weggescheuert und schließlich fortgespült. Etwa fünf Minuten dauert es, bis eine Wagengarnitur durchgeschleust ist. Danach ist sie völlig sauber. Wie der zuständige Dienststellenleiter, BB-Amtmann Josef Bartl, hervorhob, hat die Waschanlage außer der Lichtschranke, die den Säuberungsprozeß vom ersten bis zum letzten Waggon steuert, noch verschiedene andere konstruktive Neuerungen, die den Arbeitsablauf zugleich beschleunigen und rationalisieren.

Während bisher zur Reinigung nur alkalische Waschmittel verwendet wurden, sprüht das neue Gerät auch verdünnte Säuren. Nach dieser Reinigungsart verlangen vor allem die Leichtmetallwaggons, die sonst leicht Rost ansetzen und gelblich werden. Ferner verlaufen neben dem „Reinigungsgleis“ zu beiden Seiten Kanäle. Sie leiten das abfließende Waschmittel in Auffangbehälter, wo es filtriert wird, damit es für mehrere Reinigungen verwendbar bleibt.

Zusammen mit dem Fundament, den komplizierten technischen Einrichtungen und einem kleinen Steingebäude, das den Kontrollstand aufnehmen wird, kostet die Waschanlage der Bundesbahn 600 000 DM. Nach den Worten ihres Initiators, BB-Direktor Klaus Janson, war sie in Nürnberg aber seit langem fällig; vergleichbare deutsche Bahnhöfe besitzen sie schon seit Jahren. Und schließlich erweist die Bahn mit der Anlage nicht nur sich selbst die Wohltaten der Rationalisierung, sondern auch ihren Kunden die der erhöhten Sauberkeit. Der Wagenpark des Hauptbahnhofs soll in Zukunft nämlich weit öfter gewaschen werden als bisher.

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