29. Juni 1966: Ein Paradies für "Wasserratten"

29.6.2016, 07:00 Uhr
29. Juni 1966: Ein Paradies für

© Gerardi

Im Freibad West wird zwar zur Zeit noch eifrig gearbeitet, doch aus dem Bauhof schallt es bereits hoffnungsfroh: "Wir werden fertig. Da kann nimmer viel passieren." In der Tat werden auf dem über 48.000 Quadratmeter großen Gelände im Pegnitzgrund in aller Eile die letzten Arbeiten erledigt, damit das Wassersport-Dorado bei der Übergabe am 15. Juli an allen Ecken und Enden in leuchtend-frischen Farben strahlt. Wenn dann auch Petrus noch ein Einsehen zeigt und den allerschönsten Sonnenschein vom Himmel schickt, wird die Freude kaum noch Grenzen kennen.

Den 6.000 Besuchern, die das Freibad West zu Spitzenzeiten fassen kann, stehen großzügige Anlagen zur Verfügung, deren moderne Gestalt – für das Auge fast zu hart – mit dem einförmigen Hintergrund der Bauten an der Wiesentalstraße konkurriert. In den bayerischen Landesfarben weiß und blau liegen die Badebecken mitten in der grünen Wiese: eines für die Nichtschwimmer und eines für die Kinder, beide mit Stufen versehen, die über die volle Beckenbreite durchlaufen. Die Schwimmer haben in ihrem Becken eine Wassertiefe von 1,80 bis 2,10 Meter unter sich, die Springer tauchen aus den verschiedenen Sprunghöhen in viereinhalb Meter tiefes Wasser.

Aber nicht nur das Tiefbauamt, auch das Hochbauamt hat bei der Gestaltung wesentlichen Anteil. Es zeichnet für die Gaststätte, das Verwaltungsgebäude, für die drei zweigeschossigen, halboffenen Umkleidegebäude verantwortlich, zu deren Obergeschossen Freitreppen führen. Außerdem entstand am östlichen Ende ein "Häuschen" für die Badegäste auf der Liegewiese.

Das Gartenbauamt hat inzwischen schon den größten Teil des Rasens anlegen lassen, wobei in den Liegewiesen wegen der berühmten Nürnberger Niederschlagsarmut und der erwarteten starken Benutzung eine halbautomatische Regneranlage versenkt eingebaut worden ist. Die städtischen Gärtner pflanzten Büsche und Bäumchen im Gelände und entlang den Zäunen. In den Beeten rings um die Badebecken blühen bereits die Rosen in vielen Farben.

Die Zaungäste registrieren erfreut, daß die gröbste Arbeit getan ist. Deshalb kann auch das Triumvirat im Bauhof seiner Sache sicher sein. Oberbaudirektor Karl Schaller, der Leiter des Tiefbauamtes, Oberbaudirektor Otto-Peter Görl an der Spitze des Hochbauamtes und Gartenbaudirektor Theo Friedrich versichern wie aus einem Mund: "Bis zum 15. Juli ist alles soweit gediehen, daß nur noch die Tür aufgemacht zu werden braucht!".

Im übrigen erinnert Otto-Peter Görl die Nürnberger schon jetzt an das "Kästchen-System" in den Umkleideräumen. Jeder Badegast bekommt ein Schränkchen, in dem er seine Kleidung aufbewahren kann. Allerdings braucht er dazu ein Schloß zum Absperren, das er entweder selbst mitbringen oder aber bei der Verwaltung kaufen oder leihen kann.

Das neue Freibad West, das rund sechs Millionen DM kostet, ist also so gut wie fertig. Die Fahnen zur Einweihung liegen bereit. Ob allerdings manche Stadträte das heuer bei der Baustellen-Rundfahrt gegebene Versprechen wahrmachen und als erste kopfüber in die Fluten stürzen, steht noch nicht fest. Zur Zeit bekommen sie höchstens eine Gänsehaut, wenn sie an ein Bad im Freien denken.

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