29. Juli 1966: Ho und Ti wollen No

29.7.2016, 07:00 Uhr
29. Juli 1966: Ho und Ti wollen No

© Kammler

Der nicht hoch genug zu preisende „Verein der Tiergartenfreunde“ hat es sich 10.000 DM kosten lassen, daß jetzt auch im Nürnberger Tiergarten ein Wisent-Gehege errichtet werden konnte. Gestern wurde es von Bürgermeister Franz Haas seiner Bestimmung übergeben.

Platz haben der Wisentbulle Holger – er kommt aus einem Tierpark in Holstein, und darum muß sein Name mit „Ho“ beginnen – und die beiden Kühe Tinka und Titania – aus dem Tierpark Berlin – im früheren Rotwild-Gehege oberhalb des Nilpferdhauses genug. Temperamentvoll und munter sind sie auch, aber zur Vermehrung des Wisent-Bestandes werden die drei „Jährlinge“ erst in zwei bis drei Jahren beitragen können. Einstweilen tummeln sie sich auf dem weiten Gelände und lassen sich das Gras schmecken.

Die Tiergartenfreunde, die schon so viel für die Bereicherung unseres Zoo getan haben – man denke an die Giraffen, an das Bähnchen, das Raubvogel-Gehege und viele wertvolle Tiergeschenke – freuen sich, wie Vorsitzender Dr. Hermann Münk beteuerte, daß sie nun auch zur Erhaltung einer schwer bedrohten Tierart beitragen konnten. Die Wisente waren nämlich, so erläuterte Direktor Dr. Alfred Seitz, um 1920 schon auf einen Bestand von 56 Tieren, darunter nur 27 zur Zucht geeigneten Kühen, zusammengeschrumpft.

Es ist das Verdienst der 1923 gegründeten „Internationalen Gesellschaft zur Erhaltung des Wisent“, daß es heute an rund 50 Zuchtstätten wieder 600 dieser urigen Wildtiere gibt und daß auch im polnischen Urwald von Bialowieza wieder rund 200 Wisente frei leben. In Warschau wird ein Zuchtbuch über sie geführt, und der Nürnberger Nachwuchs wird lauter Namen bekommen, die mit „No“ (von „Noris“) beginnen: Norbert, Nora, Norma, Nofretete.

Die Freude von Bürgermeister Haas über das „bedeutendste Tiergartenereignis des Jahres“ war etwas getrübt durch die Nachricht, daß eben die fünfte Steinbock-Geiß von unvernünftigen Besuchern umgebracht worden ist. Man hatte ihr Bonbons zugeworfen, an denen das Tier unter großen Schmerzen eingegangen ist. Er appellierte nochmals dringend an alle Tiergartenbesucher, doch das Füttern von Tieren zu unterlassen und auch andere unwissende oder böswillige Menschen – wenn nötig mit Gewalt – davon abzuhalten.

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